In Gütersloh baut ein Brüderpaar gebrauchte Busse und LKW zu Luxus-Toiletten um. Anfangs wurden sie für ihre Idee belächelt, inzwischen boomt das Geschäft.

Gütersloh - Wenn es um das Geschäft geht, ist sich Sebastian Rogowski für nichts zu schade. „Natürlich putze ich die Klos selbst“, sagt der 37-Jährige, „denn nur so erfahre ich, was die Kunden wirklich über uns denken.“ Am Urinal, das weiß er aus Erfahrung, sagt jeder die Wahrheit. „Manchmal drücken mir die Leute zwei Euro Trinkgeld in die Hand“, sagt Rogowski. „Sie wissen nicht, dass ich der Inhaber bin, bedanken sich aber überschwänglich für das tolle Erlebnis.“

 

Das „Erlebnis“, von dem er so stolz berichtet, ist der Besuch einer WC-Kabine. In Gütersloh baut Rogowskis Firma gebrauchte Busse und Lastwagen zu mobilen Luxustoiletten um. „Den Trend zum schönen WC gibt’s noch nicht lange“, sagt der ehemalige Eventmanager, der schon Hunderte von Toilettenwägen von innen gesehen hat. „Die meisten sind lieblos, grau und stinken, obwohl sie gereinigt wurden.“ Irgendwann habe er den Anblick nicht mehr ertragen. „Als bei einer Veranstaltung mal wieder ein Damenklo überlief, habe ich mir geschworen, selbst in den Sanitärbereich zu gehen.“

Statt einen WC-Anhänger aufzumöbeln, wie es andere Firmen tun, ersteigerte er für 7000 Euro einen Gefangenentransporter der JVA Frankfurt. „Ein echtes Schnäppchen“, findet der Geschäftsmann, denn die Grundausstattung sei schon vorhanden gewesen: Lüftung, Heizung, separate Kabinen. „Im Grunde mussten wir nur die Plastiksitze rausnehmen und Toiletten draufsetzen“, sagt Rogowski. Natürlich war es nicht ganz so einfach, zumal der ehemalige Eventmanager keinerlei Erfahrung im Sanitärbereich hatte. „Wir wollten etwas Besonders, etwas Luxuriöses machen“, sagt er. Bis das umgesetzt war, musste er noch einmal 35 000 Euro in den Bus stecken.

Nur die Fensterschlitze erinnern an den Gefangenen-Transport

Heute erinnern nur noch die Fensterschlitze daran, dass in dem elf Meter langen Gefährt einmal Kriminelle transportiert wurden. Innen strahlen blank geputzte Wände, 18 Spiegel und eine lackierte Urinalrinne um die Wette. Aus Lautsprechern dudelt leise Musik; in den Wänden sind Bildschirme verbaut – ein Anblick, der mehr Freizeitpark als Toilette ist. „Man kann sogar DVDs abspielen“, sagt Rogowski und lacht. „Das hat nun echt nichts mehr mit einem stinkigen Rastplatzklo zu tun.“

Passend zur eigenen Karriere nannte Rogowski seine Firma Eventwc. Als er Ende 2014 den ersten Bus kaufte, stand er mit seiner Idee allein auf weiter Flur. „Die Badhersteller haben mich belächelt“, sagt er, „aber das hat mich erst recht angespornt.“ Nach einem halben Jahr Umbauzeit kam der Toilettenbus schließlich bei einer Firmenfeier zum Einsatz. „Die Leute waren begeistert, und seitdem sind wir ständig ausgebucht.“ 2017 stieg Rogowskis Bruder, der Journalist Ben Blomberg, in die Firma ein. „Ich wollte mal etwas ganz anderes machen“, sagt der 33-Jährige. „Ist doch eine super Idee.“

Inzwischen lächelt niemand mehr. Die Brüder haben ihre Idee patentieren lassen. Ein namhafter Sanitärhersteller hat sich bereit erklärt, die Keramik zu stellen. Aus einem Bus sind fünf Fahrzeuge geworden, darunter drei Lastwagen. „Der Gefangenenbus ist klasse, aber manchmal etwas zu eng“, sagt Rogowski. „Die Lkw haben wir nun so umgebaut, dass sie ausfahrbar sind.“ Auch der Gefangenentransporter bekommt derzeit eine Frischekur: „Wir haben eine Kabine versetzt und eine Wand gekürzt, um die Laufwege zu optimieren.“

Pro Jahr soll ein neues Toiletten-Fahrzeug entstehen

Noch immer erledigen die Brüder die meisten Aufgaben selbst. Sie verlegen Rohre, greifen zum Putzlappen oder steuern die Fahrzeuge an ihr Ziel – wofür beide den Lkw- und Busführerschein nachgeholt haben. Auch in der Sanitärbranche sei einiges in Bewegung gekommen, findet Blomberg. „Je öfter wir uns zeigen, desto schöner werden die anderen.“ Angst vor zu viel Wettbewerb haben sie nicht. „Zum einen haben wir alles patentiert, zum anderen sind wir immer noch die Einzigen, die ganze Fahrzeuge umbauen. Ein kleiner Kloanhänger ist vielleicht süß, aber etwas anderes als ein kompletter Bus.“

Große Pannen habe es mit den Luxustoiletten noch nicht gegeben, versichern die Brüder. Manchmal müssten sie improvisieren oder Arbeiten auf die letzte Minute erledigen. „Aber bis jetzt hat immer alles geklappt“, beteuert Rogowski. Nur einmal sei bei einer Veranstaltung der Caterer aus Versehen mit dem Auto auf den Abwasserschlauch gefahren. „Da kam alles bei den Pumpen wieder raus“, erzählt der Geschäftsmann. „War kein schöner Anblick, aber auch nicht unsere Schuld.“

Geschadet hat diese Episode dem Duo offenbar nicht. Der aktuelle Geschäftsplan bei Eventwc sieht ein neues Fahrzeug pro Jahr vor – wobei Firmengründer Rogowski schon über den nächsten Ideen brütet. „Ein fahrbares Flugzeug wäre doch was“, schwärmt er und holt sein Smartphone hervor, auf dem Bilder von ausrangierten Maschinen erscheinen. Blomberg schiebt das Handy schnell wieder zur Seite. „Ich bin da der Bodenständigere“, sagt er und grinst. „Hin und wieder muss ich meinen Bruder bremsen.“