Die Frage ist nun, wie weit Rösler zu gehen bereit ist und ob er notfalls auch zurückzieht, wenn Brüderle sich als renitent erweist. Nicht nur Brüderle steht unter Druck. Auch am Stuhl von Fraktionschefin Birgit Homburger wird gesägt. Das neue Führungstrio, von Spöttern in der FDP schon "die drei jungen Tenöre" genannt, darf allerdings den Regionalproporz nicht gänzlich außer Acht lassen. Legen sie sich sowohl mit Homburger als auch mit Brüderle an, dann bringen sie womöglich die noch immer mächtigen Südländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gegen sich auf. Dann wäre eine überzeugende Mehrheit auf dem Parteitag dahin. Deshalb mutmaßen einige in der Führung, dass sich in Fraktion und Kabinett zunächst nichts tun wird. Erwartet wird eine Art Stillhalteabkommen.

 

Es wäre dies ein brüchiger Frieden, das deutete sich in der Präsidiumssitzung an. Dem Vernehmen nach hatten sich die Teilnehmer zwar die meiste Zeit Mühe gegeben, einigermaßen friedfertig zu bleiben. Westerwelle bekam zu Beginn von Koch-Mehrin sogar einen Strauß weißer Rosen überreicht, als gebe es etwas zu feiern. Einmal aber blitzte der Machtkampf dann doch auf, der die Partei dauerhaft lähmen könnte. "In Deutschland gibt es keinen Bedarf an einer fünften sozialdemokratischen Partei", ätzte Brüderle laut Teilnehmern. Lindner soll in scharfem Ton erwidert haben, er habe "die Glaubenskongregationen" satt, die den Reformern vorhielten, sie wollten "die FDP grün anpinseln".

Nägel mit Köpfen sollen am Dienstag gemacht werden. Erst trifft sich das Präsidium der Partei mit den Landesvorsitzenden, dann der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion. Er gehe davon aus, dass dabei "Kandidaturen angemeldet werden", sagte Lindner.