An der Maria-Montessori-Grundschule sorgen die beiden Schulhunde Ben und Chaplin für Ruhe im Klassenzimmer.

Weilimdorf - Alle arbeiten im Unterricht. Außer Chaplin. Der schläft. Dann hebt er seinen Kopf, setzt sich auf und entscheidet sich für einen kleinen Rundgang durchs Klassenzimmer. Aber schon nach wenigen Schritten stößt er auf den Viertklässler Timo, legt sich ihm zu Füßen und lässt sich die Ohren kraulen. „Der ist eine große Schlafmütze“, sagt der Zehnjährige. Trotzdem findet er es toll, dass der schlappohrige Basset während der Freiarbeit dabei ist. „Der Unterricht macht mehr Spaß, wenn Chaplin da ist.“

 

Auch die Klassenkameraden von Timo freuen sich über die tierische Gesellschaft. Nur ganz wenige Punkte fallen den Dritt- und Viertklässlern der Maria-Montessori-Schule ein, die hin und wieder nerven. Zum Beispiel, wenn Chaplin die Vesperbrote aus den Ranzen klaut. Oder wenn er sabbert. „Dann müssen wir uns retten“, sagt der neunjährige Jan. „Und manchmal kotzt er.“

Der vierjährige Basset Chaplin und der dreijährige Labrador Ben sind als Schulhunde in einigen Unterrichtsstunden dabei. Chaplin gehört der Lehrerin Nicole Stuhlmüller, die eine berufsbegleitende Ausbildung durchlaufen hat, wie Tiere in den Schulalltag integriert und pädagogisch eingesetzt werden können. Mit sechs Monaten hat sie ihn zum ersten Mal mit ins leere Schulgebäude genommen, dann einer kleinen und später einer größeren Gruppe Kinder vorgestellt. „Man muss sich sicher sein, dass es gut läuft“, sagt sie. Schließlich sei nicht jeder Hund kinderlieb. Inzwischen nimmt sie den Vierbeiner zu allen Freiarbeitsstunden und zum Sportunterricht mit.

Ben erträgt die munteren Kinder geduldig

Der Labradorrüde Ben gehört der Schulleiterin Angelika Müller-Zastrau und begleitet sie seit etwa anderthalb Jahren in alle Klassen, in denen sie Vertretungsstunden gibt. Zusammen mit der Tierlehrerin Christa Halder hat sie den jungen Wildfang zu einem braven Hund erzogen, der die vielen munteren Kinder um sich herum geduldig erträgt. Die Eltern haben ihr Einverständnis gegeben, dass Ben oder Chaplin im Unterricht dabei sein dürfen. Bei der Einschulung werden alle Erstklässler auf eine Allergie überprüft. „Wäre ein Kind allergisch, würden die Hunde nicht in diese Klasse gehen“, versichert Stuhlmüller.

„Die Schulhunde sind eine riesige Bereicherung“, sagt Müller-Zastrau. „Sie schaffen eine ganz arg entspannte Atmosphäre.“ Die Kinder wüssten, dass sie leise sein müssen, um die Hunde nicht zu beunruhigen. „Für Ben versuchen die Kinder, sich anzustrengen. Nur für den Lehrer machen sie das nicht so gern.“ Doch die Anwesenheit der Hunde erreiche noch weit mehr. Zum Beispiel gelinge dank der Vierbeiner der Zugang zu schwierigen Schülern leichter. „Ben öffnet mir da die Türen“, berichtet die Schulleiterin. Manches Problem sei schnell vergessen, wenn der Labrador erst einmal schwanzwedelnd auf ein Kind zukomme. Darüber hinaus hätten die Kinder einen unmittelbaren Nutzen davon, zu üben, wie sie mit den Hunden umgehen sollen. „Sie lernen, ganz klare Signale zu geben und eine selbstbewusste Körperhaltung anzunehmen, sonst gehorcht Ben nicht. Das bringt den Kindern viel für ihre Persönlichkeitsentwicklung“, sagt Müller-Zastrau.

Alle Schüler der Maria-Montessori-Schule üben die „Fünf goldenen Hunderegeln“ ein. Dazu gehört: Wer Ben oder Chaplin im Schulhaus trifft, soll sie nicht ansprechen und nicht anfassen, auch wenn sie noch so süß schauen. „Es geht nicht, dass 230 Kinder Ben rufen und ihn streicheln wollen“, erklärt die Schulleiterin. Leckerli dürfen die Vierbeiner nur in Absprache mit den Lehrerinnen bekommen. Ist ein Hund im Unterricht dabei, soll geflüstert werden. Und wer Ben und Chaplin aus dem Weg gehen möchte, soll die beiden einfach nicht anschauen. Wegrennen veranlasst die Hunde nur, hinterherzuspringen.

Den Lehrerinnen ist wichtig, dass die Kinder zwar den Umgang mit den Schulhunden lernen, aber trotzdem nicht den Respekt vor fremden Hunden verlieren. „Sie wissen, wenn sie einen Hund nicht kennen, sollen sie auch nicht hingehen“, sagt Müller-Zastrau. Die Schulleiterin hat zwei Wünsche: zum einen, dass Tierpädagogik an Schulen künftig selbstverständlicher wird. Und zum anderen: „Ich möchte mit Ben üben, dass er Arbeitsblätter austrägt“, sagt sie und lacht.