Mediziner in Großerlach und Spiegelberg Aufwendige Suche nach dem Arzt

In Großerlach gibt es seit rund zwei Jahren keine Praxis mehr. Im Nachbarort Spiegelberg haben zwei Mediziner eine sogenannte Nebenbetriebsstätte eröffnet, und jetzt gibt es sogar zusätzlich eine Hautarztpraxis im Ort.
Großerlach/Spiegelberg - Die Praxis ist geschlossen. Der Allgemeinmediziner, der noch bis vor zwei Jahren im idyllischen Großerlach im Schwäbischen Wald gearbeitet hat, ist entschwunden. Vor ein paar Jahren gab es sogar noch zwei Arztpraxen im Ort. Die Gemeinde sucht händeringend einen neuen Mediziner. Der Bürgermeister Christoph Jäger sagt, die ärztliche Nahversorgung sei eines der wichtigsten Themen für die Arbeit des neuen Gemeinderats, der am 25. Mai gewählt wird.
Die Verwaltung der rund 2600 Einwohner zählenden Kommune hat jetzt im Deutschen Ärzteblatt eine Anzeige geschaltet. In der Annonce heißt es mit einer Portion Humor: „Vielleicht wussten Sie es noch nicht, aber: Sie haben uns gefunden!“ Schön wär’s. Noch hat sich niemand gefunden, den die Kommune sucht: „dringend eine/n engagierte/n Landarzt oder eine Ärztin, gerne auch ein Arztehepaar“, so der Anzeigentext. Geboten würden zentral im Hauptort gelegene Praxisräume zur Miete, „barrierefrei und Umbau noch auf Wunsch möglich“.
Bis dato hat sich ein Mediziner mit „vagem Interesse“ gemeldet
Der Schultes sagt, er könne gerne behilflich sein, etwa beim Anbahnen von Kooperationsmöglichkeiten, zum Beispiel mit dem Ärztehaus in Murrhardt, mit den örtlichen Pflegeeinrichtungen und mit Apotheken. Es gebe „interessante Fördermöglichkeiten“, auch ein Bauplatz könnte auf Wunsch bereitgestellt werden.
Auf die Anzeige hätten sich zwar einige Anrufer gemeldet, in erster Linie aber leider Verlage, berichtet Jäger. Diese hätten auch eine Anzeige verkaufen wollen. Bis dato sei nur ein Mediziner dabei gewesen, der „vages Interesse“ habe.
Leider habe der Vermieter, dem das in der Anzeige erwähnte Geschäft mitten im Ort gehört, jetzt Mieter gefunden. Dieses Gebäude hätte sich gut als Praxis geeignet. „Wenn es dumm läuft, dann haben wir bald einen Interessenten, aber keine Räume.“ Es gebe im Flecken aber Alternativen, so Jäger, „wir brauchen einen Arzt, der den Mumm hat, zu kommen.“ Viele junge Mediziner schrecke die Bürokratie ab. Eine realistische Möglichkeit sei ein Kooperationsmodell mit dem Ärztehaus. Die Mediziner hätten signalisiert, dass sie sich vorstellen könnten, „eine Satellitenpraxis“ zu eröffnen und einen Mediziner für Großerlach anzustellen.
In Spiegelberg gibt es jetzt sogar einen Hautarzt
Im Nachbarort Spiegelberg mit rund 2100 Einwohnern indes ist es der Kommune gelungen, einen Nachfolger für den Allgemeinmediziner zu finden, der sich zurückgezogen hat. Zwei Ärzte aus Wüstenrot und aus Löwenstein haben in der Praxis in der Finkenstraße im Hauptort Spiegelberg eine sogenannte Nebenbetriebsstätte eröffnet. Diese sei, sagt der Bürgermeister Uwe Bossert, montags, mittwochs, donnerstags und freitags an zusammen 20 Stunden geöffnet.
Dennoch stehen die Räume nur selten leer. Denn es ist „auch mit ein bisschen Glück“ (Bossert) gelungen, zusätzlich eine Hautarztpraxis aus Heilbronn für Spiegelberg zu begeistern. Seit Mitte April werden ebenfalls im Gebäude Finkenstraße 24 Patienten auch hautärztlich versorgt. Die Dependance der Heilbronner Praxis biete sogar ambulante Operationen und Lasertherapie an. Die beiden Ärzteteams teilen sich die Praxis.
Ein Headhunter aus Löwenstein
Anfang vergangenen Jahres hatte Bossert ähnliche Probleme wie sein Kollege in Großerlach. Der Landarzt Wolfgang Helfmann, der seit Mitte der 1980er-Jahre ungezählten Patienten in Spiegelberg geholfen hatte, kündigte dem Bürgermeister damals an, dass er in knapp einem halben Jahr seine Praxis aufgeben werde. Daraufhin habe die Gemeinde eine Anzeige geschaltet und sogar einen Headhunter aus Löwenstein beauftragt, erzählt der Schultes. Schließlich hätten sich drei ernsthafte Interessenten gemeldet. Doch am Ende stand Bossert wieder mit leeren Händen da, denn alle Mediziner seien abgesprungen. Erst die Genehmigung der Nebenbetriebsstätte durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg habe zum Erfolg geführt. Nach nur einem Monat ohne Arzt im Flecken wurde die Dependance der beiden Mediziner Matthias Mehl aus Wüstenrot und Vladimir Karsula aus Löwenstein Anfang August vergangenen Jahres eröffnet.
Die Kommune habe für die Anwerbeaktion und für die Subventionierung der Anmietung des Gebäudes, in dem die Praxis untergebracht ist, im vergangenen Jahr rund 5000 Euro ausgegeben. Seit die Praxisräume nun auch noch von der Hautarztpraxis Salzer, Arnold, Bühler und Kollegen aus dem benachbarten Heilbronn genutzt werden, komme die Kommune „null auf null raus“, sagt Bossert. Die Gemeinde Spiegelberg bleibe der Hauptmieter der Praxisräume, die Untervermietung an die Mediziner bringe nun aber die vollen Kosten wieder in die Kasse.
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