Julia Stubenbord, die Tierschutzbeauftragte des Landes, ist für die Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins, denn „das Problem befindet sich am anderen Ende der Leine“.

Stuttgart - Die Zahl der Attacken von Kampfhunden auf Menschen hat in Baden-Württemberg in den vergangenen fünf Jahren um 54 Prozent zugenommen. Die Tierschutzbeauftragte des Landes erklärt im Interview, warum das so ist.

 

In Leimen wurde ein 15-Jähriger von zwei Hunden angefallen und im ganzen Land steigt die Zahl der Beiß-Attacken. Gibt es eine Erklärung für die Zunahme?

Die Anzahl der Hunde ist gestiegen. Mit der Zahl von Hunden steigen auch die Vorfälle. Hunde werden heutzutage häufiger zu Veranstaltungen und Freizeitevents mitgenommen, was den ein oder andern Hund auch überfordern kann. Es ist am Halter die Situationen richtig einzuschätzen, die er seinem Hund zumuten kann. Sowohl im Haushalt als auch draußen.

Befürworten Sie die Einführung eines Hundeführerscheins?

Wir brauchen einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Hundehalter. Das führt zu mehr Tierschutz, da der Halter die Bedürfnisse seines Hundes besser versteht und somit seinen Hund besser einschätzen kann, was wiederum zu mehr Sicherheit für Dritte führt. Man sollte nicht vergessen, dass viele Beißvorfälle im häuslich Umfeld passieren und dort greifen keine gefahrenabwehrrechtliche Regelungen wie Maulkorbzwang oder Leinenpflicht. Lediglich eine verbesserte Sachkunde würde hier Beißvorfällen Vorschub leisten. In Niedersachsen müssen Sachkundenachweise von jedem Hundehalter erworben werden, in Nordrhein-Westfalen bei Hunden ab 20 Kilogramm oder einer Höhe von 40 Zentimetern.

Muss der Maulkorbzwang auf mehr Rassen ausgeweitet werden?

Die Gefährlichkeit eines Hundes ergibt sich nicht allein aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse, sondern hängt von einer Vielzahl von Faktoren, wie Haltung und Ausbildung, situative Einflüsse, Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halter ab. Greift ein Hund Menschen an, ist meistens weniger beim Tier die Schuld zu suchen. Das Problem befindet sich vielmehr am anderen Ende der Leine. Wie man auch bei dem aktuellen Vorfall sieht. Der Halter hat die Situation verkannt und seine Hunde nicht richtig eingeschätzt.