Die moderne Ernährung ist arm an Ballaststoffen. Das könnte der Ursprung für diverse Zivilisationskrankheiten sein.

Stuttgart - Die für westliche Gesellschaften typische ballaststoffarme Ernährung beeinträchtigt die Bakteriengemeinschaft im Darm wohl über Generationen hinweg. In Versuchen mit Mäusen zeigten Forscher, dass Vielfalt und Zahl der Mikroben bei ballaststoffarmer Ernährung von Generation zu Generation abnehmen.

 

Mit einer Rückkehr zu ballaststoffreicher Ernährung allein ließ sich die Bakteriengemeinschaft auch nicht komplett wieder herstellen, berichten US-Forscher im Fachblatt „Nature“. Diese Erkenntnis sei möglicherweise wichtig für die Behandlung von Erkrankungen, die mit einer beeinträchtigten Darmflora in Verbindung gebracht werden. Im Darm eines gesunden Menschen leben Tausende verschiedene Bakterienarten, die eine wesentliche Rolle bei der Verdauung der Nahrung spielen. Dieses Mikrobiom beeinflusst darüber hinaus auch zahlreiche andere Vorgänge im Körper, etwa die Immunabwehr. Es ist bekannt, dass sich das Mikrobiom von Menschen der heutigen westlichen Welt erheblich von dem ursprünglicher Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften unterscheidet. Viele Experten nehmen an, dass etliche Zivilisationskrankheiten wie Allergien oder Nahrungsunverträglichkeiten mit einem gestörten Mikrobiom zusammenhängen.

Westlicher Ernährungsstil

Die Forscher um Erica Sonnenburg von der Stanford University School of Medicine (US-Staat Kalifornien) untersuchten, inwieweit auch der westliche Ernährungsstil mit vielen hochverarbeiteten und ballaststoffarmen Lebensmitteln die Bakterienvielfalt im Darm beeinflusst. Ballaststoffe sind unverdauliche Bestandteile der Nahrung und bestehen vor allem aus Kohlenhydraten. Sie werden von den Darmbakterien aufgeschlossen.

Die Wissenschaftler fütterten Mäuse mit einem vermenschlichten Darm-Mikrobiom zunächst sechs Wochen lang mit ballaststoffreicher Nahrung. Dann teilten sie die Tiere in zwei Gruppen: eine bekam weiterhin ballaststoffreiche Kost, die andere ballaststoffarme. In den folgenden Wochen analysierten die Forscher die Zahl und Vielfalt der Bakterien im Kot der Tiere. Das Ergebnis: Innerhalb weniger Wochen nahm die Vielfalt der Bakterien bei den ballaststoffarm ernährten Mäusen erheblich ab. Auch die Anzahl von Bakterien einzelner Arten sank. Stellten die Forscher die Ernährung der Mäuse anschließend auf eine ballaststoffreiche Kost um, normalisierte sich das Mikrobiom wieder, wenn auch nicht vollständig: Bei einem Drittel der ursprünglichen Bakterienarten blieben die Populationen deutlich kleiner. Zudem verkümmerte von Generation zu Generation das Mikrobiom im Darm der ballaststoffarm ernährten Tiere immer mehr – und diese Veränderung war mit einer Rückkehr zu ballaststoffreicher Ernährung nicht rückgängig zu machen. Mehr als zwei Drittel der ursprünglichen Bakterien blieben jeweils verschwunden.