Offiziell hält sich die Regierung strikt aus dem Duell zweier Grüner in Freiburg heraus. Nun aber wird bekannt: Staatsministerin Krebs wirbt offen für ihren Kollegen Bonde. Das tue sie aber nur als einfaches Parteimitglied.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es war eine Doppelfrage, doch zum ersten Teil schwieg Winfried Kretschmann lieber. Ob es für die Grünen eigentlich gut sei, dass sein Agrarminister Alexander Bonde in Freiburg dem direkt gewählten Landtagsabgeordneten Reinhold Pix das Landtagsmandat abjagen wolle? Das fragen sich viele in der Partei, leise oder lauter.

 

Einerseits zollen sie Bonde Respekt für seine Risikobereitschaft: das Duell Berufspolitiker gegen Biowinzer könne für ihn auch zum „Harakiri“ werden. Andererseits zweifeln sie am „Mehrwert“ seiner Kandidatur: der Minister hätte seinen Promi-Bonus lieber nutzen sollen, um einen zusätzlichen Wahlkreis zu erobern. Sorgenvoll registrieren Grünen-Strategen, dass die CDU in Freiburg schon wieder Hoffnung schöpft. Der Ministerpräsident aber wollte bei seiner Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung nichts dazu sagen.

Kretschmann beschwört Neutralität

Umso entschiedener beantwortete er die zweite Frage: Ob sich die politische Spitze des Staatsministeriums in Freiburg wirklich heraushalten werde? „Eindeutig ja“, erwiderte Kretschmann wie aus der Pistole geschossen. Zu kandidieren sei „völlig legitim“, wer nominiert werde, entscheide allein die Basis. Die Regierungszentrale mische sich da „gar nicht ein“, „das ist auch gar nicht unsere Aufgabe“, bekräftigte er im Brustton der Überzeugung.

Es war allenfalls die halbe Wahrheit. Denn Kretschmanns Staatsministerin Silke Krebs – je nach Sichtweise seine rechte oder linke Hand – verhält sich im Freiburger Duell keineswegs neutral. Per Telefon nahm sie nach StZ-Informationen Mitglieder und Funktionsträger der örtlichen Grünen ins Gebet. Den Angerufenen erläuterte sie, wie wichtig ein Erfolg Bondes bei der Nominierung sei. Zugleich warb sie um Verständnis, dass der Agrarminister just gegen Pix antrete: unter den gegebenen Umständen – etwa der Frauen-Quote – seien kaum andere Wahlkreise in Betracht gekommen. Die Botschaft war klar: bei der Mitgliederabstimmung am 26. März wünscht die Staatsministerin einen Sieg ihres Kabinettskollegen, der wie sie zum Realo-Lager gezählt wird.

Krebs bestreitet die Anrufe nicht

Wie aber passt das zur offiziellen Devise, die Oberen von Partei, Fraktion und Regierung nähmen keinen Einfluss? Von der Stuttgarter Zeitung mit den Recherchen konfrontiert, bestritt Krebs die Anrufe erst gar nicht. Sie sei nicht nur Ministerin, sondern seit mehr als zwanzig Jahren auch Grünen-Mitglied im Kreisverband Freiburg. Als solches unterstütze sie die Kandidatur Alexander Bondes, „da ich ihn für einen sehr geeigneten Kandidaten halte“.

Ob ihre Aktivitäten mit dem Agrarminister abgestimmt oder vom ihm sogar initiiert seien, ob Kretschmann davon wisse und es billige – das ließ Krebs ebenso unbeantwortet wie die Frage, ob sie weiter für Bonde trommeln werde. Sie könne nur empfehlen, „die für die Bewerber/innen sicherlich nervenzehrende Phase der parteiinternen Vorentscheidung mit Gelassenheit zu begleiten“.

Konkurrent Pix: kein fair play

Dem Grünen-Platzhirschen Pix fällt das nicht ganz leicht. Wie sich die Ministerin in Freiburg einmische, das habe „nichts mehr mit Fair Play zu tun“, sagte er der StZ. Er frage sich, mit welchen Mitteln Bonde und seine Unterstützer sonst noch arbeiteten. Andere Grüne bezweifeln, ob Kretschmann wirklich nichts von der Parteinahme seiner Staatsministerin wusste; Krebs habe ihn hoffentlich nicht ahnungslos gelassen.

Wenn doch, dann sei seine Auskunft vor den Medien zumindest irreführend gewesen. Was der Ministerpräsident wusste, duldete oder billigte – dazu ist seinem Regierungssprecher nichts mehr zu entlocken: Das Staatsministerium, teilte er mit, werde zu dem Thema „keine Stellungnahme abgeben“; das müsse Krebs selbst machen.

Zumindest insofern klappt es inzwischen also mit dem Heraushalten.