„Lust am Wandern“ heißt ein Angebot des Schwäbischen Albvereins für Menschen mit und ohne Demenz. Die SPD-Ministerinnen Manuela Schwesig und Katrin Altpeter haben sich in Waiblingen über das vom Bund geförderte Projekt informiert.

Waiblingen - Großer Bahnhof an einem sonst so beschaulichen Ort: gleich zwei SPD-Ministerinnen haben am Freitag in der Geheimen Mühle im Waiblinger Teilort Beinstein vorbeigeschaut und eine Rast eingelegt: die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter, die entlang der Rems in Richtung Waiblingen-City wanderten. Im Gepäck hatte die Berliner Ministerin Förderbescheide für sieben neue Projekte im Großraum Stuttgart. Alle haben das Ziel, an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen zu unterstützen, sie vor Isolation zu schützen (siehe „Lokale Allianzen“).

 

Eine der vom Bund mit jeweils 10 000 Euro geförderten Ideen ist das Angebot „Lust am Wandern“, welches der Schwäbische Albverein zusammen mit der gemeinnützigen Gesellschaft Demenz Support Stuttgart auf die Beine gestellt hat. „Demenz Support hat angefragt, ob wir uns vorstellen können, Wanderungen anzubieten, an denen auch Menschen mit Demenz oder Behinderungen teilnehmen können“, erzählt Horst Bohne vom Schwäbischen Albverein. Er hat „Ja“ gesagt, und im März 2013 die erste Tour angeboten. „Es hat ganz langsam angefangen – zuerst waren es nur drei, dann fünf Teilnehmer, dann immer mehr“, erzählt der Stuttgarter.

Das Konzept macht Schule

Zu Beginn kamen die Wanderer aus der ganzen Region Stuttgart zu den von Horst Bohne geführten Ausflügen. Inzwischen aber haben neben dem Stuttgarter Albverein auch die Ortsgruppen in Esslingen, Filderstadt, Plochingen oder Kirchheim/Teck die rund sechs bis acht Kilometer langen Touren im Programm. Das ist ganz im Sinne der Familienministerin Manuela Schwesig, die hofft, dass die Idee deutschlandweit Schule macht: „Die Idee des gemeinsamen Wanderns liegt eigentlich auf der Hand, ist aber bislang einmalig.“ Projekte wie dieses, ergänzt Katrin Altpeter, seien ein Weg, um die Lebenssituation von Menschen mit Demenz zu verbessern.

Neben den Wanderführern sind bei den „Lust am Wandern“-Touren stets sogenannte Wanderbegleiter mit von der Partie. Diese von Demenz Support geschulten Ehrenamtlichen unterstützen jene Teilnehmer, die nicht in der Lage wären, alleine mitzuwandern. Und sie entlasten die Angehörigen, welche die Wanderung einfach genießen können, ohne sich ständig kümmern zu müssen.

Bereicherung und Entlastung für Angehörige

Mona Hansch und ihr 81-jähriger Ehemann Rolf Heim wohnen in Neuhausen auf den Fildern (Kreis Esslingen) und nehmen seit einem Jahr regelmäßig an den monatlichen Wanderungen teil. „Früher sind wir viel Rad gefahren“, erzählt die 64-Jährige, „aber das geht nicht mehr.“ Das Angebot „Lust am Wandern“ sei daher eine echte Bereicherung und Entlastung, sagt Mona Hansch: „Für mich ist der Kontakt zu anderen Betroffenen wichtig, man kann sich austauschen. Mein Mann durfte auch schon allein bei Wanderungen mitgehen. In solchen Fällen weiß ich, dass jemand nach ihm schaut.“

Petra Raditsch gehört zum Team von Demenz Support und hat Mona Hansch auf das Wanderangebot aufmerksam gemacht. Die bunt gemischten Gruppen seien auch wichtig, um „das Schreckensbild“ Demenz zu korrigieren, sagt Raditsch, die eine Sportgruppe leitet, in der Menschen mit und ohne Handicap, Junge und Alte, mitmachen. „Teilhabe ist das Wichtigste“, findet Raditsch: „Der eine ist eben mit 25 Prozent dabei, der andere mit 50 oder 100.“

Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz

Demenz
In Deutschland sind nach Angaben des Bundesfamilienministeriums rund 1,5 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Damit sie und ihre Angehörigen so normal wie möglich leben können, will der Bund 500 „Lokale Allianzen“ ins Leben rufen. Sie sollen Bürger, Vereine, Gewerbe, Bildungseinrichtungen sowie die Politik und Verwaltung vernetzen und Hilfsstrukturen schaffen. Die Projekte werden in einem Zeitraum von zwei Jahren mit 10 000 Euro gefördert.

Projekte
Derzeit gibt es 372 Initiativen, die gefördert werden, davon sind 41 in Baden-Württemberg. Dazu gehört beispielsweise das Angebot „Lust am Wandern“ des Schwäbischen Albvereins.

Bewerbung
Momentan steht noch Geld für 128 Projekte zur Verfügung. Im Januar schreibt der Bund die letzte Runde aus, in der sich Initiativen bewerben können. Mehr Informationen dazu unter www.lokale-allianzen.de.