Wir leben in Zeiten, in denen verbale Aggressionen allgegenwärtig sind. Der Literaturexperte Karl Heinz Bohrer versucht in seiner neuen Studie, diese Hassreden literarisch zu adeln: „Mit Dolchen sprechen“.

Stuttgart - Die „Hate Speech“, die Hassrede, ist zu einem zentralen Begriff in den politisch-moralischen Auseinandersetzungen unserer Zeit geworden. Er bezeichnet, so liest man bei Wikipedia, „sprachliche Ausdrucksweisen von Hass mit dem Ziel der Herabsetzung und Verunglimpfung bestimmter Personen oder Personengruppen“. Keine erfreuliche Angelegenheit. Der Literaturwissenschaftler Karl Heinz Bohrer hat jetzt ein Buch mit dem Titel „Mit Dolchen sprechen“ vorgelegt, in dem er auf fast fünfhundert Seiten zeigen will, dass dieses Unangenehme für die Literatur nicht gilt, dass dort die Hassrede vielmehr eines der stärksten poetischen Ausdrucksmittel ist. Obwohl das schon auf Autoren der griechisch-römischen Antike zutrifft, setzt Bohrer in seiner Studie erst zu Beginn der Neuzeit ein, mit den englischen Dramatikern Christopher Marlowe und William Shakespeare, um dann in zwölf Kapiteln so etwas wie eine Literaturgeschichte am Leitfaden der Hassrede zu schreiben.