Nach vier Jahren Pause: Ritterturniere, Feuershows und ein großes Unterhaltungsprogramm mit Markttreiben locken an drei Tagen mehrere Tausend Gäste nach Renningen. Die intensiv strahlende Sonne lässt viele Besucher und Teilnehmer in ihren Kostümen ins Schwitzen geraten.

Ein farbenfrohes Fest bereiteten die Freyen Rittersleut zu Randingen nach vier Jahren Pause vielen Besucherinnen und Besuchern, von denen etliche in mittelalterlich anmutenden, aber auch in fantasievollen Gewändern gekommen waren. Zum zwölften Mal hatte der Brauchtumsverein nach einer Corona-Zwangspause am Wochenende wieder zum Mittelalterspektakel rund um das Renninger Schulzentrum eingeladen. Und Tausende kamen.

 

„Die haben wahnsinnig Dusel mit dem Wetter“, sagt eine Frau am Samstagnachmittag zu ihrer Begleiterin. Die Sonne strahlt so intensiv vom Himmel, dass viele schon wieder Schattenplätze suchen. Pünktlich zum Festbeginn am Freitag hatten sich die Regenwolken verzogen und manche Besucher oder aktive Teilnehmer geraten unter üppigen Gewändern à la 13. oder 14. Jahrhundert ins Schwitzen, erst recht die Ritter in ihren Rüstungen samt Kettenhemden. Denn so ein Schwertkampf in voller Montur ist anstrengend. Da muss einer der Ritter am Samstagnachmittag schon mal kurz den Helm abnehmen und verschnaufen, bevor es beim mittelalterlichen Fechten weitergeht.

Vom Knappen zum Schildknappen

Gemächlicher geht es am Freitag beim Ritterschlag zu, bei dem der Verein den Knappen des Ritters Berno von Üsenberg zur Freude der vielen Zuschauer per Knappentritt in den Allerwertesten – „das war früher so üblich“ – in den Rang eines Knappen, dann gleich noch zum Schildknappen und Bannerträger seines ritterlichen Herrn erhebt. Der so Geehrte, der Vereinsvorsitzende Tobias Wild, freut sich über diese überraschende Rangerhöhung. „Wir haben viele Junge im Verein, die sich hervorragend einbringen“, sagt Berno von Üsenberg, alias Berno-Dag Maier, der zweite Vereinsvorsitzende, in seiner Begründung. Vom Knappen zum Schildknappen steigt auch Yannick Lausberg ein Stück die ritterliche Karriereleiter hoch.

Niederknien zum Ritterschlag muss sich der neue Ritter Randolph zu Bobelingen, der mit Schwert, Schild und Sporen ausgestattet wird. Er sei sehr stolz, in diese Gemeinschaft aufgenommen worden zu sein, sagt Ralf Sostmann. Sechs Jahre war er Schildknappe, hat sich bei Veranstaltungen engagiert und die Kunst des Schwertkampfs gelernt, eine Voraussetzung, um Ritter zu werden.

Ob das beim „Gemeinsamen Ritter“ von Renningen und der Partnerstadt Occhiobello auch so ist, ist nicht bekannt. Dieser wurde zur Freundschaft der beiden Städte mit einem gemeinsamen Wappen ins Leben gerufen. Bei jedem Zusammentreffen kommt ein weiteres Ausrüstungsteil hinzu. Auf jeden Fall sind die Freunde der Gruppe Ente Palio San Lorenzo aus Italien mit Trommlern und Fahnenschwingern wieder dabei. Der Bürgermeister Wolfgang Faißt hieß sie bei der Eröffnung zusammen mit dem Partnerschaftskomitee willkommen.

Weil die Renninger Ritter eher nicht zu Pferde unterwegs sind, laden sie zu ihrem Spektakel die Ritter der Schwarzen Lanze ein, die dem Publikum an zwei Tagen jeweils ein furioses Ritterturnier auf dem großen Festplatz bieten, bei dem sie sogar mit ihren Tieren furchtlos durchs Feuer reiten.

Furchtlos müssen auch die Künstler sein, die an zwei Abenden eine beeindruckende Feuershow darbieten. Die fünfköpfige Gruppe Ferro Ignique aus Oberösterreich tritt gemeinsam mit dem Duo von Infinity auf. „Wir sind insgesamt sieben Leute, das braucht es für den großen Platz“, erklärt die Österreicherin Tanja Karrer. Renningen sei der einzige Ort, zu dem sie in Deutschland kommen, sagt sie und fügt hinzu: „Schönes Fest, nette Veranstalter, passt alles.“ Damit bei der heißen Show alles klappt, müssen die Feuerkünstler immer wieder üben und sich gut vorbereiten. Sie mache das seit zwölf Jahren und habe sich noch nie verbrannt, versichert sie. „Aber es ist immer ein Risiko und wir haben Respekt vor dem Feuer.“ Deswegen stünden auch alle möglichen Hilfsmittel für den Notfall bereit.

Geduldig erklärt der Leiermacher seine Kunst

Zu dem Mittelalterfest mit viel Unterhaltung für Groß und Klein, etwa durch die Musikgruppe Maleficius, dem Gaukler Tomberg von der Heyden sowie Bogenschießen und ein Mitmach-Ritterturnier für Kinder, gehört neben reichlich Speis und Trank auch ein buntes Markttreiben. Viele Händler bieten ihre Waren feil und vor manchem Stand bilden sich Schlangen, der für Holzschwerte gehört dazu. Denn kleine Jungs und Mädchen möchten auch Ritter spielen und die Schwerter schwingen. Vom Seifensieder über den Kammmacher locken die Stände die Kundschaft und geben Auskunft: Meister Friedrich, der freundliche Liremacher, erklärt geduldig, wie eine Leier hergestellt wird, funktioniert und klingt. Die Seilerin lässt Kinder zu deren Begeisterung am Rad drehen, um so ein Seil herzustellen. Und auch der Papierschöpfer findet sein Publikum.

Zum ersten Mal ist der Bernsteinschleifer Torsten Hauk aus der Pfalz dabei. Zusammen mit Freyja Tanja Wunder, die keltisch-schamanische Handwerkskunst zeigt, hat er einen Stand. Hauk verarbeitet baltischen Bernstein zu möglichst authentischen Schmuckstücken. Er selbst trägt eine riesige, aber erstaunlich leichte Kette mit großen Steinen.

Viel Schau bietet auch der „Medicus“, der Tinkturen aller Art anpreist. „Achtung, ziemlich scharf“, warnt er eine Neugierige, die an einem Lavendelextrakt schnuppert. Und auf eine entsprechende Frage antwortet er: „Natürlich ist das alles Natur, wir sind hier schließlich im Mittelalter.“