Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Motorama werden in der Indie-Szene für die sich eigentlich ausschließende Mischung aus Schwermut und Energie gefeiert. Das erinnert stark an Editors und Interpol, geht aber an vielen Stellen darüber hinaus. Vladislav Parshin singt mit düsterer, atemloser Stimme traurige Melodien zu einem Text, den man im Livemix kaum versteht. Doch Motorama fangen das instrumental auf, den Klang und die Phrasierung der Leadgitarre von Maxim Polivanov kennt man so auch aus diversen Dream-Pop-Produktionen. 

 

Dazu treiben Schlagzeug und Bass (Irene Parshina zeigt den außergewöhnlichsten Hüftschwung aller Indie-Bassistinnen jenseits des Schwarzen Meers) auf eine Weise voran, die das Set weniger nach Joy Division klingen lässt als vielmehr nach Warsaw. Wir reden zwar von denselben Musikern, aber unter diesem Namen war die Band um Ian Curtis noch mehr Punk als Post. Insgesamt klingt alles sehr nach Manchester-Sound à la Factory Records und alles wird zusammengehalten von den Synthesizerflächen des in apokalyptische Leere starrenden Alexander Noret.

Der Auftritt von Motorama leidet an zwei Dingen. Zum einen ist der Mix nicht optimal; das Konzert dürfte beispielsweise lauter sein und oft stechen einzelne Instrumente etwas zu deutlich hervor. Zum anderen sind die Motorama-Songs sich selbst alle sehr ähnlich, was Sound und Struktur angeht. Sogar Zuhörer, die das aktuelle Album Calendar kennen, können teilweise die einzelnen Songs nicht voneinander unterscheiden.

Drei Gründe, warum das trotzdem funktioniert

Dass der Abend nicht im Einheitsbrei untergeht, liegt an drei Dingen. Zum einen sind die fünf Russen exzellente Musiker, deren ansonsten sehr unprätentiöse Show durch einige schöne Details nie langweilig wird. Man kann beispiwelsweise den ganzen Abend lang  Vladislav Parshins schwarze Lederslipper bewundern, in denen der Sänger - ohne Socken! - über die Bühne tänzelt. Mit seiner Gitarre schneidet Parshin schonmal durch Raum und Zeit, und seine fast schon hyperaktive Spieltechnik ist eine Klasse für sich. Ebenso wie seine riesige runde Brille, die ihn wie einen Informatik-Studenten wirken lässt. Motorama haben außerdem offenbar kein Faible für Marken, jedenfalls sind alle Logos auf den Verstärkern und Synthesizern abgeklebt. 

Der Hauptact des Abends, die russische Band Motorama, steigt ein wenig staksig auf die Bühne. Nein, die fünf Musiker aus der Millionenstadt Rostov-on-Don am Schwarzen Meer sind keine geborenen Showmenschen. Zumindest nicht im Sinne einer Popstar-Inszenierung. Da werden noch Gitarreneffekte eingestellt, verkabelt und ein kurzer Soundcheck gemacht, der erste Song beginnt und irgendwann geht auch das Licht im Publikum aus.

Ein ganz besonderer Hüftschwung

Motorama werden in der Indie-Szene für die sich eigentlich ausschließende Mischung aus Schwermut und Energie gefeiert. Das erinnert stark an Editors und Interpol, geht aber an vielen Stellen darüber hinaus. Vladislav Parshin singt mit düsterer, atemloser Stimme traurige Melodien zu einem Text, den man im Livemix kaum versteht. Doch Motorama fangen das instrumental auf, den Klang und die Phrasierung der Leadgitarre von Maxim Polivanov kennt man so auch aus diversen Dream-Pop-Produktionen. 

Dazu treiben Schlagzeug und Bass (Irene Parshina zeigt den außergewöhnlichsten Hüftschwung aller Indie-Bassistinnen jenseits des Schwarzen Meers) auf eine Weise voran, die das Set weniger nach Joy Division klingen lässt als vielmehr nach Warsaw. Wir reden zwar von denselben Musikern, aber unter diesem Namen war die Band um Ian Curtis noch mehr Punk als Post. Insgesamt klingt alles sehr nach Manchester-Sound à la Factory Records und alles wird zusammengehalten von den Synthesizerflächen des in apokalyptische Leere starrenden Alexander Noret.

Der Auftritt von Motorama leidet an zwei Dingen. Zum einen ist der Mix nicht optimal; das Konzert dürfte beispielsweise lauter sein und oft stechen einzelne Instrumente etwas zu deutlich hervor. Zum anderen sind die Motorama-Songs sich selbst alle sehr ähnlich, was Sound und Struktur angeht. Sogar Zuhörer, die das aktuelle Album Calendar kennen, können teilweise die einzelnen Songs nicht voneinander unterscheiden.

Drei Gründe, warum das trotzdem funktioniert

Dass der Abend nicht im Einheitsbrei untergeht, liegt an drei Dingen. Zum einen sind die fünf Russen exzellente Musiker, deren ansonsten sehr unprätentiöse Show durch einige schöne Details nie langweilig wird. Man kann beispiwelsweise den ganzen Abend lang  Vladislav Parshins schwarze Lederslipper bewundern, in denen der Sänger - ohne Socken! - über die Bühne tänzelt. Mit seiner Gitarre schneidet Parshin schonmal durch Raum und Zeit, und seine fast schon hyperaktive Spieltechnik ist eine Klasse für sich. Ebenso wie seine riesige runde Brille, die ihn wie einen Informatik-Studenten wirken lässt. Motorama haben außerdem offenbar kein Faible für Marken, jedenfalls sind alle Logos auf den Verstärkern und Synthesizern abgeklebt. 

Das wirklich Besondere an dieser Band sind aber ihre Ausbrüche; der Knall, den sie mit einem Mal mitten in den Songs erzeugen. Davon ist anfangs nichts zu spüren; Motorama brauchen eine Weile, ehe sie in dieses Konzert finden. Dann wird die Band über ganz weite Strecken von ihren eigenen Songs durch das Konzert getrieben. Aber dann, plötzlich, schießt es aus den Musikern heraus, bricht für einen Moment die Hölle los. Es ist, als könnten Motorama einen Turbo zünden - dann drischt Vladislav Parshin mit seiner Gitarre in die Luft, kommt ein Urschrei aus ihm heraus, wirbelt die sonst eher cool hüftschwingende Irene Parshina ihre Haare wie wild, geben Schlagzeuger Roman Belenkiy und Gitarrist Maxim Polivanov noch einmal zwanzig Prozent mehr Kraft in ihr Spiel. Das sind die besten Momente des Abends; es gibt vielleicht fünf davon, aber die reichen den zahlreichen Motorama-Fans in der gut gefüllten Dieselstrasse.

Das Young River Festival ist für die Dieselstrasse ein Experiment - und eine Chance, neues Publikum anzuziehen. Noch drei Abende lang spielen hier Indiebands, die man sonst nur selten oder, wahrscheinlicher, nie auf dieser Bühne zu sehen bekäme. An diesem ersten Abend beschnuppert man sich, viele sind zum ersten Mal hier. Aber wenn der erste Eindruck trügt ja selten, und deshalb könnte das was werden zwischen der Indie-Szene und der Dieselstrasse.