Der SPD-Kreisvorsitzende Dejan Perc hat bei der Hauptversammlung des SPD-Kreisverbands Stuttgart am Montag nicht zuletzt den SPD-Landesvorsitzenden Nils Schmid für die bei der Landtagswahl erlittene Wahlschlappe mitverantwortlich gemacht

Stuttgart - Das desaströse Ergebnis bei der Landtagswahl lässt die SPD nicht zur Ruhe kommen. 12,7 Prozent im Land und damit hinter der AfD, 11,9 Prozent in Stuttgart und hier knapp vor der AfD: „Das ist eine traurige SPD in einem traurigen Zustand“, hat ein in Ehren ergrautes SPD-Mitglied aus Botnang am Montagabend bei der Jahreshauptversammlung der Stuttgarter SPD gesagt. Und die rund 170 Genossen im Haus der Wirtschaft empfanden vermutlich ähnlich.

 

Zuvor hatte der Kreisvorsitzende Dejan Perc die Parteirepräsentanten auf Landesebene, allen voran Landeschef und Zweifachminister Nils Schmid, für Widersprüche in den sozialdemokratischen Auftritten in Land und Stadt Stuttgart verantwortlich gemacht. Zahlreiche Diskutanten von der Basis hatten zudem die Umsetzung von Parteibeschlüssen eingefordert.

Katja Mast: Bloßer Austausch von Köpfen reicht nicht aus.

Die Landtagswahl aus SPD-Sicht zu bewerten, war das Hauptthema des Abends. Katja Mast, Generalsekretärin der Landes-SPD, übermittelte die Botschaft von oben, dass der bloße Austausch von Köpfen bei der nötigen Neuaufstellung zu einfach wäre. Die Partei habe ihre Wähler nicht erreicht. Die AfD habe mit Stimmungsmache Erfolg gehabt. Kein landespolitisches Thema habe im Wahlkampf eine Rolle gespielt. Erfolge wie die Politik für Familien und die Politik, durch bessere Bildung Aufstiegschancen schaffen – „die Wähler fanden nicht, dass das was mit uns zu tun hat“. Alle hätten Winfried Kretschmann von den Grünen wieder als Ministerpräsidenten gewollt. Jetzt brauche die SPD viel Zeit um zu reden, sich Fragen zu stellen und diese auch gemeinsam zu beantworten. Daher auch die Entscheidung, den für den 30. April zum Beschluss des Koalitionsvertrags gedacht gewesenen Landesparteitag erst einmal in einen „Basiskonvent“ umzumünzen.

Dejan Perc moniert die widersprüchlichen Signale

Perc schürfte ein wenig tiefer, um mögliche Ursachen für das „schlechteste SPD-Wahlergebnis in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg“ freizulegen. Es werde weh tun, hatte er schon angekündigt. Natürlich seien die SPD-Themen nicht durchgedrungen und hätten sich SPD-Repräsentanten „keine Bekanntheit erwerben können“. Perc monierte in erster Linie aber „widersprüchliche Signale der SPD in zentralen Themenfeldern“. Nils Schmid hätte im EnBW-Aufsichtsrat ein „kommunenfreundlicheres“ Verhalten dieses Konzerns in Landeshand bewirken müssen. So aber fragten sich die Leute, meinte Perc, weshalb die Stadt Stuttgart immer Klageandrohungen der EnBW erhielt, wenn sie mit SPD-Unterstützung versuchte, die Netze für Strom, Gas und Wasser wieder unter ihre Verfügung zu bringen.

Dass man der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen das Wort geredet habe, gleichzeitig in der SPD-Regierungszeit 18 000 Wohnungen der LBBW-Immobiliengesellschaft verkauft wurden, sei noch so ein Widerspruch. Zudem habe die Nullverschuldungspolitik negativ gewirkt.

Zwei Frauen und ein „Altherrenclub“

Heftig kritisierte Perc schließlich, dass mit SPD-Unterstützung die Wahlrechtsreform vereitelt worden sei. Mit dem Effekt, dass die Wähler bei der Landtagswahl weiter nur eine Stimme haben, dass es keine Zweitstimme und keine Landeslisten gebe. Den Schaden habe die Partei selbst. Das Gruppenbild der jetzt nur noch 19-köpfigen Landtagsfraktion bestehe aus lediglich zwei Frauen und einem „Altherrenclub“.

Die Stuttgarter Kandidatin und bisherige Staatssekretärin Marion von Wartenberg sagte: „Wären Parteitagsbeschlüsse umgesetzt worden, würde auch die verkleinerte Fraktion jetzt anders aussehen.“