Die Online-Umfrage der NWZ zum Göppinger Tierpark lief so gut wie keine zuvor. Doch den Kollegen könnte das noch Ärger bringen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Für die Online-Ausgabe der Neuen Württembergischen Zeitung (NWZ) ist es eine der erfolgreichsten Umfrageaktionen der vergangenen Monate gewesen. „Soll der Göppinger Tierpark erhalten bleiben?“, hatte die Redaktion ihre Online-Nutzer gefragt und konnte sich vor Klicks nicht mehr retten. Als die Umfrage eine Woche später zu Ende ging, waren 13 607 Stimmen abgegeben worden. Über das Ergebnis berichtete die Redaktion auch in ihrer gedruckten Ausgabe. Das Thema sei auf ein großes Interesse gestoßen, stellte sie stolz fest und verkündete das „eindeutige Ergebnis“: Demnach hätten sich 71,4 Prozent dafür ausgesprochen, den Tierpark am jetzigen Standort zu erhalten.

 

Peinliches Nachspiel möglich

Doch jetzt könnte die erfolgreiche Umfrage für die Zeitung ein peinliches Nachspiel haben. „Ich lege der NWZ zur Last, wissentlich gegen den Pressekodex verstoßen zu haben“, heißt es im Schreiben einer Anwohnerin des Tierparks an den Presserat. Sie will eine offizielle Rüge durch das Selbstkontrollgremium erreichen. Für die Anwohnerin steht fest, dass Unbekannte die Umfrage manipuliert haben. Doch obwohl die NWZ frühzeitig über den Schwindel informiert worden sei, habe sie die falschen Ergebnisse veröffentlicht, ohne auf die massiven Zweifel hinzuweisen.

Plötzlich geht die Schere auseinander

Tatsächlich spricht viel für die Vermutung, dass da jemand mit einer speziellen Abstimmungssoftware einen Streich gespielt hat. Noch am Abend des ersten Abstimmungstages waren zwischen Befürwortern und Gegnern des Tierparks nur wenige Prozentpunkte gelegen. Am nächsten Mittag, ziemlich genau gegen 14 Uhr, trat dann eine wundersame Stimmenvermehrung ein. Plötzlich öffnete sich die Schere, wie ein Abstimmungsprotokoll belegt. Drei Klicks pro Minute, 180 Stimmen pro Stunde seien bei Tag und Nacht auf das Konto der Freunde des Minizoos geflossen. Über die gesamte Abstimmungszeit dürften 7000 Stimmen auf diese Weise eingegangen sein, rechnet die Anwohnerin vor. Zwei Tage später reagierte die Online-Redaktion auf entsprechende Beschwerden und installierte eine Sicherheitseinstellung, um die Stimmabgabe pro Rechner auf einen Klick zu begrenzen.

„Wir sind doch die Opfer“

Bei der NWZ versucht man, die Wogen zu glätten. „Wir haben das an unsere Technik in der Ulmer Zentrale weiter gegeben“, sagt der stellvertretende Redaktionsleiter Joa Schmid. Sollte sich herausstellen, dass das Ergebnis nicht stimme, werde man dies richtig stellen. „Wenn manipuliert wurde, sehen wir uns selbst als Opfer.“ Im Übrigen habe man, wie im Pressekodex verlangt, natürlich vermerkt, dass es sich um keine repräsentative Umfrage gehandelt habe.