Ein gütlicher Einigungsversuch im Rechtsstreit zwischen den Naturfreunden Degerloch und einem Nachbarn wegen Lärmbelästigung bei Feiern im Vereinsheim scheitert. Die Parteien werfen sich Knebelversuche und fehlende Kompromissbereitschaft vor.

Degerloch - Es scheint kein Land in Sicht. Im Rechtsstreit zwischen einem Anwohner der Roßhaustraße und den Naturfreunden wegen Lärmbelästigung bei Privatfeiern in deren Vereinsheim ist erneut keine Entscheidung gefallen. Wie berichtet, hat sich Anfang Juli der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim mit dem Fall befasst. Ein Urteil ist damals nicht ergangen. Vielmehr hat der Richter den Streitparteien bis zum 1. August Zeit gegeben, sich gütlich zu einigen. Das ist ihnen nicht gelungen. Ein Urteil hat das Gericht trotzdem noch nicht gefällt. Vielmehr wird den Parteien geraten, sich auf eine gerichtliche Mediation einzulassen. Bis Montag können sie sich entscheiden.

 

Die Naturfreunde stehen dem eher kritisch gegenüber. Er sehe nicht, dass das zielführend ist, sagt auch ihr Anwalt Uwe Melzer. Vor allem, weil der Einigungsversuch kläglich gescheitert ist: „Entsprechend dem Wunsch des Gerichts hatten wir ein Gespräch mit den Nachbarn“, erzählt Udo Strauß, der Vorsitzende der Naturfreunde. Es war das erste Mal im jahrelangen Rechtsstreit, dass die Parteien an einem Tisch zusammenkamen. Bislang war der Kläger – der laut den Naturfreunden ein ehemaliger Fußball-Profi sein soll – bei den Gerichtsverhandlungen nie anwesend. „Wir haben uns bei dem Gespräch auf eine Reihe von Punkten verständigt“, erzählt Udo Strauß weiter von dem Treffen. Was ihn allerdings danach schriftlich von den Kläger erreicht hat, habe ihm fast den Boden unter den Füßen weggezogen. Die darin formulierten Forderungen seien weit übers Ziel hinaus und so nie besprochen worden.

Ein Klagepunkt ist schon aus der Welt geräumt

Aber der Reihe nach: Seit mittlerweile fast neun Jahren läuft der Rechtsstreit. Die Naturfreunde sind nur Nebenbeklagte beziehungsweise Beigeladene. Die Klage richtet sich gegen die Stadt. Denn diese überlässt dem Degerlocher Verein das Gelände, auf dem das Naturfreundehaus steht. Die Verwaltung wäre demnach ermächtigt, den Naturfreunden Auflagen zu erteilen. Anfangs umfasste die Klage auch, dass die Naturfreunde mit ihren Zimmern im Haus einen unerlaubten Beherbergungsbetrieb betrieben. Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart im Mai 2011 jedoch aus der Welt geräumt. Das Urteil jener Instanz ist das jüngste, das noch immer im Raum steht. Es besagt, dass die Naturfreunde nur noch 16 private Feste im Jahr feiern dürfen. Beide Streitparteien waren damit nicht einverstanden. Nun liegt der Fall beim Mannheimer VGH.

Anfangs waren es laut Udo Strauß noch zwei Klägerparteien aus dem Mehrfamilienhaus am Hagdornweg, das 2002 gegenüber dem Naturfreundehauses gebaut wurde. Der zweite Kläger hat sich jedoch vor einiger Zeit zurückgezogen. Umso überraschter war Strauß, dass dieser bei besagtem Gesprächstermin Mitte Juli dabei war und sogar das Wort führte. Überrascht war Strauß auch, als er herausfand, dass der Nachbar und Ex-Kläger ein Kanzleikollege jenes Anwalts ist, der den Kläger vertritt.

„Knebelung und Verzichtserklärung“

Von diesem ehemaligen Mitkläger kam schließlich auch die schriftliche Zusammenfassung nach dem Gespräch, die Udo Strauß so schockierte. „Die Aussagen in dem Papier sind eine Knebelung oder eine Verzichtserklärung“, sagt der Naturfreundechef. Ein Beispiel: Man habe sich geeinigt, dass die Kläger ihn anrufen könnten, wenn es mal Probleme gibt. Im Schreiben habe dann gestanden, dass bei einer Beschwerde, egal zu welcher Uhrzeit, binnen 15 Minuten ein Vertreter der Naturfreunde anrücken müsse. Und so gehe das über zwei Seiten. „Das sind maßlose Vorstellungen. Sie sind nicht akzeptabel“, sagt auch Uwe Melzer, der Anwalt der Naturfreunde. Deshalb müsse er sich schwer überlegen, ob er mit seinen Mandanten in das Mediationsverfahren einsteigen wird.

Seitens der Kläger sieht das anders aus. Natürlich sei man weiter gesprächsbereit, sagt der Anwalt Bernhard Ludwig. Der Kläger sei an einem guten nachbarschaftlichen Verhältnis interessiert. Er sei kompromissbereit auf ganzer Linie. Allerdings liege der Ball seiner Meinung nach im Feld der Naturfreunde. Immerhin hätten diese das Einigungspapier abgelehnt, aber keinen Gegenvorschlag unterbreitet. Eine Gerichtsmediation halte er für eine gute Lösung, sagt er. Das werde er dem Verwaltungsgerichtshof auch mitteilen. Wenn die Mannheimer Güterichterin dabei ist, könne man Missverständnisse wie nach dem letzten Gespräch vermeiden, sagt Ludwig.

Sollten die Parteien bis Montag entscheiden, dass es nicht zur Mediation kommt, gibt es laut Thomas Haller, dem stellvertretenden Sprecher des VGH, die Möglichkeit, dass die Stadt Lärmrichtwerte vorgibt, die es einzuhalten gilt. Wenn beide Parteien diese akzeptieren, wäre der Rechtsstreit beigelegt. Ansonsten muss laut Haller das Gericht eine Entscheidung treffen. Obwohl sein Anwalt schon länger auf ein Urteil dränge – immerhin gibt es immer noch die Chance, dass die Klage abgewiesen wird – hat Udo Strauß immer eine gütliche Einigung angestrebt. Nach dem langen Rechtsstreit und dem misslungenen Vergleichsversuch gehe ihm aber langsam die Kraft aus. „Nach neun Jahren muss man endlich ein Urteil finden“, sagt er.