Das Gericht hat gesprochen: keine Nachtflüge mehr am Frankfurter Flughafen. Die Anwohner atmen auf, doch die Luftverkehrsbranche befürchtet Einbußen.

Leipzig - Es war keine große Überraschung, dass die Reaktionen auf das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über ein Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen geteilt ausfielen. Während sich die Anwohner in der Rhein-Main-Region darüber freuten, dass sie auch künftig zwischen 23 und fünf Uhr morgens keinen Fluglärm hören müssen, stöhnte vor allem die Luftverkehrsbranche heftig. „Das ist ein schwerer Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland und es besteht kein Zweifel, dass eines der größten Drehkreuze Europas im internationalen Wettbewerb zurückfallen wird“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Christoph Franz, nach dem Urteil. Frankfurt, Hessen, der ganzen Export- und Logistiknation drohten die Flügel gestutzt zu werden.

 

Von dem Nachtflugverbot ist vor allem die Frachttochter der Lufthansa betroffen, die ihren Flugplan bereits nach der Eröffnung der neuen Landebahn in Frankfurt deutlich reduziert hatte und seit dem vorläufigen Nachtflugverbot nach neuen Wegen sucht. Auf rund 40 Millionen Euro schätzt die Lufthansa-Tochter den jährlichen Gewinnausfall durch das Verbot. Franz kündigte an, dass man dennoch versuchen werde, in einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren den Bedarf für nächtliche Flüge deutlich zu machen.

Nur noch 133 statt 150 Flüge am späten Abend

Auch für die Ferienflieger ist die Beschränkung auf Zeiten bis 23 und ab sechs Uhr eine Belastung, da sie auf dem stark ausgelasteten Flughafen sonst nur wenige Ausweichmöglichkeiten auf andere Flugzeiten finden. Nach Ansicht von Luftfahrtexperten hätte dies bei der Urteilsfindung stärker berücksichtigt werden müssen, da Frankfurt eine herausragende Stellung unter den deutschen Flughäfen einnimmt. Auf anderen Flughäfen, beispielsweise in Stuttgart, wo ein striktes Nachtflugverbot herrscht, seien die Auswirkungen viel geringer.

Die Richter des Leipziger Gerichts setzten jedoch den Anspruch der Anwohner auf nächtliche Ruhe über die wirtschaftlichen Argumente. Richter Rubel hatte für die Flughafen-Anrainer sogar noch eine weitere Entlastung parat: Nicht nur zwischen 23 und fünf Uhr soll Ruhe herrschen, auch in der Stunde davor und danach solle die Lärmbelastung deutlich sinken, unterstrich er. In der Zeit zwischen 22 und 23 Uhr sowie zwischen fünf und sechs Uhr seien deshalb durchschnittlich täglich nur noch 133 statt bisher 150 Flüge gestattet.

Fluglärmgegner wollen erneut klagen

Das Land Hessen und der Flughafenbetreiber Fraport akzeptierten das Urteil. Immerhin bestätigte das Gericht, dass der umstrittene Ausbau um die neue Landebahn rechtlich einwandfrei sei. Ein Problem war allerdings, dass das Land entgegen der Vereinbarung in einem Mediationsverfahren nachträglich doch 17 Nachtflüge hatte zulassen wollen. Dies sei ein Verfahrensfehler gewesen, rügte der Richter. Nun muss das Land über die Zulassung von Nachtflügen zwar neu entscheiden, doch Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) machte klar, dass es keine nächtlichen Flüge geben wird: „Wir haben ein Ergebnis des Bundesverwaltungsgerichts, das wir haben wollten, um jetzt zu 100 Prozent das Mediationsergebnis umzusetzen.“ Hessen wolle mit einem neuen Planstellungsverfahren möglichst schnell beginnen. Fraport-Chef Stefan Schulte sagte, so schwierig und ärgerlich das Urteil für Frachtflüge sei, die Einschränkungen müssten akzeptiert werden.

Das Verbot ist ein Sieg für die Menschen im Umkreis des Großflughafens, die seit Monaten jeden Montag im Flughafen-Terminal zu Tausenden gegen den Fluglärm demonstrieren, den sie für den Wertverfall ihrer Immobilien und Krankheiten verantwortlich machen. Der größte Wunsch der Fluglärmgegner – die Schließung der neuen Landebahn Nordwest – bleibt aber unerfüllt. Allerdings haben einige Privatleute angekündigte, dass sie auch dagegen eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ins Auge fassen.