Wer in der Nähe eines Flughafens wohnt, lebt mit einem erhöhten Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Das haben Studien ergeben.

Stuttgart - Lärm nervt. Nicht nur der ständig tropfende Wasserhahn kann einen zum Wahnsinn treiben, auch die unbewusste Dauerbelastung quält den Menschen und macht auch richtig krank. Dies trifft vor allem Menschen, die in der Nähe eines Flughafens wohnen. Von frühmorgens bis in die Nacht sind sie dem lauten Dröhnen der startenden und landenden Flugzeuge ausgesetzt. Schon am Tag scheint der Lärm oft unerträglich. Doch das Problem ist die Nacht: Fluglärm während nachtschlafender Zeit erhöht das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Auch die Psyche leidet, bei Frauen erhöht sich die Gefahr, depressiv zu werden. Je lauter der Krach, desto schlimmer sind die gesundheitlichen Auswirkungen. Fatal dabei ist, dass sich die Folgen für Körper und Psyche nicht sofort zeigen. Es kann Jahre dauern, bis die Dauerbelastung durch den Lärm das Leiden offensichtlich macht.

 

Anwohner von Flughäfen haben häufig hohe Blutdruckwerte

Das haben wissenschaftliche Studien im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) in Berlin ergeben und eine von der europäischen Union geförderte Untersuchung (Hyema) mit insgesamt 5000 Einwohnern in der Nähe von sechs europäischen Flughäfen. Die Forscher ermittelten den Lärm mit Hilfe der Flugzeugbewegungen und der Flugzeugdaten in der Nähe der Flughäfen Amsterdam, Athen, Berlin, London, Mailand und Stockholm. Bereits ein einziges Flugzeug, das über das Bett eines Schlafenden hinwegdonnert, erhöht vorübergehend dessen Blutdruck. Personen, die auf Dauer einem erhöhten Nachtfluglärm ausgesetzt sind, haben daher häufig höhere Blutdruckwerte als Menschen in ruhigeren Wohngebieten. Schon ein Anstieg des nächtlichen Lärmpegels um 10 Dezibel in einem Schallpegelbereich von 30 bis 60 Dezibel erhöht das Risiko für Bluthochdruck um 14 Prozent – bei Männern und Frauen gleichermaßen. Zahlreiche Personen waren bereits wegen Bluthochdrucks in ärztlicher Behandlung.

Akustischer Müll macht krank

60 Dezibel sind dabei nicht einmal extrem laut: Ein sehr lebhaftes Gespräch in einer lauten Kneipe kann diese Lautstärke schon erreichen. Ein Presslufthammer rattert mit 115 Dezibel, ein Düsenjet startet mit 130 Dezibel. Dabei hält man sich schon automatisch die Ohren zu. Der Mensch hört gut: Von der Hörschwelle bis zur Schmerzgrenze kann er einen Bereich von sechs bis sieben Zehnerpotenzen an Schalldruckunterschieden verarbeiten. Um diesen großen Bereich mit handlicheren Zahlenwerten beschreiben zu können, wurde als Maßeinheit Dezibel eingeführt. Dies ist eine logarithmische Einheit – was beispielsweise bedeutet, dass ein Sprung von zehn Dezibel in der Realität einer Verdoppelung des Schallerlebnisses entspricht. Über die Belästigung durch den Schallpegel sagt diese kompliziert zu ermittelnde logarithmische Messgröße jedoch nichts aus. Lärm ist physikalisch nicht messbar. Es ist ein anderes Wort für akustischen Müll und macht krank.

Auch Kinder leiden unter Krach am Himmel. Auch sie weisen einen höheren Blutdruck auf als ihre Spielkameraden im ruhigen Wohngebiet – ein Kind mit erhöhtem Blutdruck wird als Erwachsener Probleme mit seinem Herz-Kreislauf-System bekommen und damit steigt die Gefahr für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Zudem wird durch den nächtlichen Stress das Atemsystem beeinflusst. Möglicherweise reagieren diese Kinder mit Atemwegserkrankungen oder Asthma. Kinder und Jugendliche werden auch am Tag massiv durch Fluglärm gestört: Sie können sich in der Schule oder bei den Hausaufgaben nicht richtig konzentrieren und sich schwerer Neugelerntes merken. Damit kann sich auch die kindliche Entwicklung verzögern.