Im Anflug auf den Flughafen Zürich fliegen die meisten Maschinen über Süddeutschland. Seit Jahren gibt es Streit. Nun ist ein Fluglärm-Staatsvertrag in Sicht.    

Waldshut-Tiengen/Davos - Deutschland und die Schweiz wollen sich bis zum Sommer auf einen Fluglärm-Staatsvertrag einigen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und seine Schweizer Kollegin Doris Leuthard (CVP) verständigten sich am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos auf die Grundzüge des geplanten Vertrags und unterzeichneten eine gemeinsame Absichtserklärung. Diese werde nun konkretisiert, teilten die Ministerien beider Länder mit. Die deutsche und die schweizerische Regierung wollen demnach den Staatsvertrag bis zum Sommer unterschrieben haben.

 

„Die Vorbereitungen des Staatsvertrages werden jetzt mit hoher Priorität vorangetrieben“, sagte Ramsauer. Schon in den vergangenen Wochen seien die Gespräche intensiviert worden. Einen Zeitplan der weiteren Verhandlungen nannten die beiden Minister nicht.

Süddeutschland kann dem Vorhaben zufolge mit weniger Fluglärm rechnen. In der Absichtserklärung heißt es: „Die Schweiz reduziert die Zahl der Anflüge auf den Flughafen Zürich über deutsches Gebiet.“ Zahlen hierzu werden nicht genannt.

Erhöhung der Anflüge in den Randzeiten?

Ramsauer sagte der Schweizer Zeitung „NZZ am Sonntag“: „Unter dem Strich ist klar: Wir fordern weniger Lärm durch weniger Flugbewegungen.“ Süddeutschland erdulde mit mehr als 100.000 Flugbewegungen vom Airport Zürich „eine schwere und nicht hinnehmbare Belastung“. Sein Ansatz sei „abgestimmt mit der Landesregierung von Baden-Württemberg, die eine Obergrenze von 80.000 Anflügen pro Jahr verlangt“.

Ministerin Leuthard betonte vor Reportern, bei der Einigung auf die Absichtserklärung, um die bis spät in der Nacht zum Samstag gerungen worden war, sei „noch keine Zahl“ festgelegt worden. Diese werde erst im Zuge der Verhandlungen über ein Gesamtpaket erfolgen.

Die Schweiz gehe davon aus, dass als Gegenleistung zur geplanten Reduzierung der gesamten Flugbewegungen über Deutschland eine Erhöhung der Anflüge in Randzeiten zugestanden werde, also in den frühen Morgen- und den späten Abendstunden. „Wir möchten Deutschland lärmfreie Zeiten geben, möchten für den Flughafen am Morgen und am Abend aber mehr Flexibilität“, sagte Leuthard.

Verhandlungen seit Oktober 2006

Die Betroffenen Anwohner befürchten, dass im Zuge des geplanten Fluglärm-Staatsvertrags das im April 2003 einseitig von Deutschland verordnete Nachtflugverbot aufgekündigt wird. „Wir werden mehr Lärm haben als bisher, weil vor allem früh am Morgen und spät am Abend wieder über deutsches Gebiet geflogen werden darf“, sagte ein Sprecher der Bürgerinitiative am Hochrhein.

Tilman Bollacher, parteiloser Landrat des am meisten vom Fluglärm betroffenen Landkreises Waldshut, lehnte das Ministerpapier ab. „Der deutsche Verkehrsminister hat sich diese Erklärung von der Schweiz diktieren lassen.“ Von einer Entlastung könne keine Rede sein.

Deutschland und die Schweiz verhandeln seit Ende Oktober 2006 wieder über einen Fluglärm-Staatsvertrag. Betroffen von Schweizer Luftverkehr ist vor allem der Südschwarzwald sowie der Bodensee. Anfang Dezember hatten Ramsauer und Leuthard erklärt, bis zum Jahreswechsel werde es Grundlagen für eine einvernehmliche Lösung in dem seit Jahren dauernden Streit geben. Doch daraus wurde nichts.

Sollten sich die Regierungen auf einen Staatsvertrag einigen, müssten die Parlamente beider Länder noch zustimmen. Bereits 2001 hatten Deutschland und die Schweiz einen Staatsvertrag unterzeichnet. Dieser scheiterte jedoch am Widerstand des Schweizer Parlaments und trat deshalb nicht in Kraft.