Kornwestheim Bei der katholischen Stadtrandfreizeit wird das beschauliche Thomashaus zum Schiff. Von Gaby Mayer-Grum

Kornwestheim Bei der katholischen Stadtrandfreizeit wird das beschauliche Thomashaus zum Schiff. Von Gaby Mayer-Grum

Die Kornwestheimer Postboten können getrost die Hände in den Schoß legen. Viele Briefe werden sie heute wohl nicht austragen müssen. Dabei haben die Kinder der katholischen Stadtrandfreizeit im Thomashaus ganz fleißig dutzende Einladungen geschrieben, die vor dem großen Abschlussfest heute noch zugestellt werden müssen. Allerdings: Durch den Briefschlitz passen diese Einladungen nicht. Denn wer ein echter Pirat ist, der verschickt seine Briefe per Flaschenpost.

 

Seit zwei Wochen ist das Thomashaus im Osten der Stadt kein beschauliches Gemeindezentrum mehr, sondern ein Piratenschiff. Große Abenteuer haben die sechs- bis elfjährigen Seeräuber erlebt. Obwohl sie erwiesenermaßen sehr friedliebend und auch ein bisschen romantisch sind ("Ich bin unterwegs, um nachts in meiner Hängematte die Sterne zu zählen", steht auf einem Fenster des Thomashaus-Schiffs.), haben sie kleine Kanonenkugeln und hölzerne Säbel gebastelt, aber auch Papier geschöpft, um Schatzkarten darauf zu zeichnen. Mit Batiktechnik wurden bunte Tücher gefärbt, die sich wunderbar als Seeräuber-Kopfschmuck eignen. Sie haben - was sich als besonders aufregend herausstellte und bei vielen nur mit Hilfe von Kuscheltieren zu bewältigen war - gemeinsam im Thomashaus übernachtet. Und schließlich haben sie sich auf das Abschlussfest vorbereitet, das heute begangen wird. Ihre Familien haben die Kinder dafür so eingeladen, wie es sich für Piraten gehört: per Flaschenpost eben. "An alle da draußen", sind die Einladungen adressiert.

Auch wenn Piraten eigentlich auf rauer See zuhause sind - beim Fußball- und Tischtennisspielen, Schaukeln und Balancieren auf einem dünnen, zwischen Bäumen gespannten Drahtseil finden sie auch Gefallen. Zumal sie in den vergangenen zwei Wochen nicht allzu oft Gelegenheit dazu hatten, im großen Garten des Gemeindehauses zu spielen. Das Wetter hat den Kindern in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mit der Folge, dass die 45 Jungen und Mädchen - etwas weniger als in den Vorjahren - von den neun ehrenamtlichen Betreuern oft im Thomashaus beschäftigt werden mussten. Was zwar die Ehrenamtlichen ganz schön forderte, die Kinder manchmal aber nicht so sehr - ihnen fehlte einfach das Toben im Freien, erzählt Christiane Wildner, die gemeinsam mit Jenny Scheufler die Freizeit leitet. "Gott sei Dank war das Wetter wenigstens gut, als wir einen Ausflug in einem Barfußpark gemacht haben", sagt die Freizeit-Leiterin. Eine zusätzliche Herausforderung für das betreuer-Team war, dass es in diesem Jahr besonders viele Erstklässler waren, die die Freizeit besucht haben, wie Christiane Wildner berichtet. Und diese brauchen oft noch besondere Zuwendung und wollen auch mal Kuscheln.

Konsequent verlassen haben die Kinder den Kuschelkurs, als das traditionelle Fußballspiel Kinder gegen Betreuer anstand. Zum ersten Mal seit vielen Jahren seien die Betreuer siegreich gewesen, berichtet Christiane Wildner lachend - und das, obwohl die neun Ehrenamtlichen gegen rund 40 Kinder anspielen mussten. Klar, dass das nicht ganz unfallfrei abging. "Ich stand immer schon am Rand mit den Kühlakkus", erzählt die Studentin. Ernsthaft verletzt hat sich aber keiner bei dem leidenschaftlichen Match.

Nach so viel Programm kommt die Stärkung aus der Küche gerade recht: Frühstück, Mittagessen und Abendessen bekommen die Kinder zwei Wochen lang im Thomashaus serviert. Dafür sorgen zwei Köchinnen, die jeden Tag am Herd stehen, und viele Mütter, die abwechselnd mithelfen.