Die Stuttgarter Philharmoniker und Viktoria Tolstoy interpretieren im Gustav-Siegle-Haus Filmmusik, später singt die schwedische Sängerin im Bix Eigenkompositionen. Einmal mehr erweist sich das Siegle-Haus als wunderbar atmosphärischer Ort.

Stuttgart - Filmmusik entfaltet visuelle Kraft auch jenseits der Leinwand, wenn ein Orchester sie zum Klingen bringt – so wie die Stuttgarter Philharmoniker mit dem Dirigenten Bernd Ruf am Samstagabend beim Nachtschwärmer-Konzert im Gustav-Siegle-Haus.

 

Revolverhelden wogen in den Sätteln zu Elmer Bernsteins „glorreichen Sieben“, Pierre Brice durchmisst als edler Wilder die kroatischen Hügel zu Martin Böttchers „Winnetou“-Melodien. Die Streicher schrammeln Flamenco, Mariachi-Blech tönt, wenn der „gestiefelte Kater“ den Degen zückt. Der Wind reißt an den Segeln, und Jack Sparrow bricht zu unerhörten Abenteuern auf, wenn Hans Zimmers „Fluch der Karibik“ tönt und der Klangkörper zum Seeräuberchor wird. Die Musiken des großen John Williams versetzen direkt in die Zauberschule Hogwarts zu „Harry Potter“ oder zum Kampf der tapferen Weltraum-Rebellen gegen die dunkle Seite der Macht in „Star Wars“.

Seit einiger Zeit öffnen die Philharmoniker ihren Proberaum wieder für Konzerte mit Gästen, die im Anschluss im Jazzclub Bix spielen. Die schwedische Sängerin Viktoria Tolstoy, Urenkelin des russischen Dichters Lew Tolstoi, bringt den Pianisten Jakob Karlzon mit und intoniert Hits: „Against all Odds“ erinnert an die seligen 80er, als der zuckrige Phil Collins alle Kanäle verklebte, „As Time goes by“ aus „Casablanca“ an die Goldene Ära Hollywoods und eine unerfüllte Liebe, „Somewhere over the Rainbow“ aus dem „Zauberer von Oz“ an die Fantasiewelten der Kindheit. Tolstoy entgeht der Falle, die (zu) viel gespielte Titel bergen, indem sie interpretiert und variiert.

Das Publikum applaudiert minutenlang nach dieser Darbietung mit Pauken und Trompeten. Wenig später singt Tolstoy im Bix Eigenkompositionen wie „Shining on you“ und Coversongs wie Paul Simons „Have a good Time“; die Stuttgarter Mini Schulz am Bass und Obi Jenne am Schlagzeug begleiten souverän, und Jakob Karlzon verzückt mit überbordend harmonischen Jazz-Improvisationen. Das Siegle-Haus erweist sich einmal mehr als wunderbar atmosphärischer Ort – der gerne intensiver genutzt werden dürfte.