Mitten im Winter sind die Bayern zu einem Volksbegehren über die Rettung der Bienen und anderer gefährdeter Arten gerufen. Koalitionsparteien wie Bauernverband lehnen die Forderungen ab.

München - Es ist Winter, aber die bayerischen Naturschützer, die unter dem Motto: „Rettet die Bienen!“ ein Volksbegehren gegen den dramatischen Artenschwund im Freistaat angestoßen haben, bibbern nicht nur wegen der Kälte. Damit das von ihnen verlangte Gesetz mit seinen strengeren Umweltauflagen eine Chance hat, muss es ihnen gelingen, von Donnerstag an in den nächsten beiden Wochen mindestens 950.000 Wahlberechtigte zu mobilisieren, ein Zehntel der bayerischen Wählerschaft. Aber wer geht schon mitten im Winter zugunsten der Bienen abstimmen?

 

Wobei die Initiatoren schon die Zulassung des Volksbegehrens als einen Erfolg werten: Der kleinen Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) ist es vergangenen Sommer praktisch im Alleingang gelungen, zur Beantragung des Volksbegehrens viermal so viele Unterschriften zu sammeln, wie nötig gewesen wären. Und der regierenden CSU gellten nahezu gleichzeitig, bei der Landtagswahl im Oktober, die Ohren: Da hatten die Grünen so viele Stimmen errungen, dass sich die Schwarzen nun auch gedrängt fühlten, ihre Umweltpolitik zu verstärken: „Das ist unsere schwache Seite.“

Gesetze später oder gleich?

Schnell einigte sich die CSU mit ihrem neuen Koalitionspartner, den Freien Wählern, darauf, den Klimaschutz in der bayerischen Verfassung zu verankern. Aber während die Landesregierung die flankierenden, konkreten Gesetze erst später entwerfen will, schlagen die ÖDP und ihre mittlerweile gut 170 Bündnispartner aus Naturschutz, Öko-Landwirtschaft und Handel in ihrem Volksbegehren schon ganz handfeste Bestimmungen zum Artenschutz vor. Die Bienen mit ihrem honigsüßen Ruf, ihrer Plakat-Eignung und mit den Ängsten im Volk vor ihrem Verschwinden sind dabei nur das Aushängeschild. Es geht um die „gesamte Artenvielfalt in Bayern.“

Gefordert wird da etwa die Ausweitung der ökologisch bebauten Flächen im Freistaats von derzeit etwa zehn Prozent auf 30 Prozent bis zum Jahr 2030 und die Schaffung eines „Biotopverbundes“ auf mindestens 13 Prozent des offenen Landes. Ein Saum von mindestens fünf Metern Breite entlang von Gewässern soll nicht bebaut werden dürfen; die nächtliche „Lichtverschmutzung“ im Freiland, die unzählig vielen Insekten das Leben koste, sei einzudämmen; zehn Prozent der Wiesen sollten erst nach Mitte Juni gemäht werden, damit Bodenbrüter ihre Überlebenschance haben und Blütenpflanzen zum Selbsterhalt und zur Weiterverbreitung ihre Samen ausreifen könnten. Und natürlich: der Einsatz von Pestiziden sei zurückzufahren.

Auf den Wolken des Rauchverbots

Nach anfänglichem Zögern sind heute auch die Grünen mit an Bord; sie hatten zunächst den Verdacht, die ÖDP mit ihren 1,6 Prozent der Wählerstimmen in Bayern (in allen anderen Bundesländern liegt sie stabil unter einem Prozent) könnte ihnen die Butter vom Brot nehmen. Auch Organisationen wie der Bund Naturschutz, der vergangenes Jahr das Volksbegehren noch nicht hatte unterstützen wollen („die Dinge werden in Berlin und Brüssel entschieden, nicht in Bayern“) hat sich nun dem „frischen ökologischen Wind“ im Freistaat angeschlossen.

Gegen das Volksbegehren sind CSU und Freie Wähler sowie der Bayerische Bauernverband. Dieser sieht konventionell arbeitende Landwirte an den Pranger gestellt; die Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Fläche um das Doppelte sei „unrealistisch“ und zu teuer; außerdem fehle die Nachfrage – sodass zahlreiche Milchbauern, die heute schon auf Bio umsteigen wollten, es derzeit gar nicht könnten.

Bringen ÖDP und Partner nun die geforderten 950.000 Bürger auf auf die Beine, dann muss sich der Bayerische Landtag innerhalb von drei Monaten mit dem verlangten Gesetz beschäftigen. Lehnt er es ab, dann geht der Ball an die Bürger zurück. Innerhalb von drei weiteren Monaten können sie in einem Volksentscheid „Ja“ oder „Nein“ zu dem Gesetz sagen. Und das gilt dann – genauso wie das Rauchverbot in bayerischen Gaststätten von 2010. Auch das Volksbegehren hierfür hat die ÖDP in die Wege geleitet.