Nazi-Parole Björn Höcke beteuert seine Unschuld

Björn Höcke zwischen zwei seiner drei Anwälte. Foto: dpa/Jens Schlueter

Der Thüringer AfD-Chef behauptet vor Gericht, seinen umstrittenen Spruch nicht als Nazi-Vokabular gekannt zu haben. Sonst hätte er ihn nicht verwendet.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Björn Höcke will reden. Ein paar mal haben seine Anwälte das schon signalisiert. Der thüringische AfD-Chef will sich am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht in Halle äußern. Er will zu dem Vorwurf Stellung nehmen, Nazi-Parolen verwendet zu haben. Doch Björn Höcke muss erst einmal warten bis nach der Mittagspause. Erst wird Videomaterial gesichtet.

 

Über den Bildschirm im Gerichtssaal flimmern eine ganze Reihe von Kandidaten. Sie alle treten an jenem 29. Mai 2021 auf den Lastwagen in Merseburg, um beim Wahlkampfabschluss der AfD in die Mikrofone zu sprechen. Manche mit mehr, die meisten mit weniger rhetorischem Talent. Es ist jener Tag, an dem Björn Höcke am Ende die Worte „Alles für Deutschland“ sagen wird. „Alles für Deutschland“, das war eine Parole von Hitlers Schlägertruppe, der SA. Diese Parole zu verwenden kann strafbar sein. Die Staatsanwaltschaft sieht das so, Höcke nicht.

Umfangreicher Videomitschnitt vor Gericht

Nicht nur was man sagt, ist entscheidend, sondern auch das Wann, Wie und Wo. Und aus diesem Grund betrachtet die 5. Große Strafkammer am Dienstag erst einmal den umfangreichen Videomitschnitt dieses Maientages. Zu sehen sind zahlreiche Redner, die in gut eineinhalb Stunden über die Grünen herziehen und die eigenen Partei preisen. Eineinhalb Stunden, in denen es auch um Migrationspolitik geht, aber bei Weitem nicht nur. Die Bandbreite der Beiträge reicht von der Familienförderung über die Versorgung mit Krankenhäusern in der Region bis hin zur Energiewende.

Ein Dreiklang zum Ende der Rede

Björn Höcke ist der Letzte, der an diesem Tag ans Mikrofon tritt. Er soll der Höhepunkt der Veranstaltung sein, „DNA der Partei“ wie es heißt. Höcke, der Geschichtslehrer, spricht über die Merseburger Zaubersprüche, Formulierungen in einer theologischen Handschrift, die zum Unesco-Weltkulturerbe erhoben werden sollen. Er fordert kostenloses Essen an Schulen und schimpft über die Verspargelung der Landschaft mit Windrädern. Ziemlich am Ende seiner Ausführungen, das Wahlprogramm seiner Partei in den Händen haltend, kommen dann die entscheidenden Sätze: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland.“

Höcke: Bin kein Universalgelehrter

Vor Gericht ist es Björn Höcke „ein Bedürfnis“ zu stehen. Ja, er sei Geschichtslehrer, sagt er, aber er habe diesen „Allerweltsspruch“ nicht als SA-Losung gekannt. Er präsentiert Bücher aus denen er selbst gelernt und später gelehrt hat. Da komme der Spruch nicht vor. Höcke erklärt, wie er spontan zu reden pflegt, dass er am Ende gerne mit einem „Dreiklang“ schließt, dass ihn viele Menschen, „die schlauer sind als ich“, kontaktiert hätten in letzter Zeit, die alle nicht gewusst hätten, dass dieser Spruch von den Nazis missbraucht worden ist. Hätte er es gewusst, behauptet Höcke, hätte er den Spruch nicht verwendet. „Aber auch ein Geschichtslehrer ist kein Universalgelehrter.“

Höcke schaut angeblich seit 20 Jahren kein Fernsehen mehr

Die Staatsanwaltschaft glaubt das nicht. Sie versucht aufzuzeigen, dass schon gegen andere AfD-Politiker Ermittlungsverfahren angestrengt worden sind, weil sie diese Parole zuvor verwendet hatten. Höcke hätte das wissen müssen, so die Ankläger. Der bestreitet das. Er lese keine etablierten Medien mehr, um sich selbst zu schützen und habe „seit 20 Jahren auch kein Fernsehen mehr geschaut“, sagt der Mann, der oft als heimlicher Chef der AfD bezeichnet wird.

Vor Höckes Erklärung hatte das Gericht bekannt gegeben, dass es „Stand jetzt“ maximal von einer Geldstrafe ausgehe. Die Wählbarkeit werde dem thüringischen Spitzenkandidaten für die anstehende Landtagswahl nicht abgesprochen. Ulrich Vosgerau, einer seiner drei Verteidiger, spricht von einem unabwendbaren Freispruch. Die Verhandlung wird am 3. Mai fortgesetzt.

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