Das Kolping-Bildungswerk weitet sein Angebot von der Kita bis zur Hochschule aus. Die Villa Scheufelen ist laut Vorstand Klaus Vogt „nur der Nukleus unserer Grundschulentwicklung in Baden-Württemberg“.

Stuttgart - In der Villa Scheufelen sind die Handwerker schwer zugange – innen und außen. In dem denkmalgeschützten früheren Wohnsitz des Papierfabrikanten Heinrich Scheufelen an der Pfizerstraße oberhalb des Olgaecks will das Kolping-Bildungswerk noch zum Ende dieses Jahres eine Ganztagskita eröffnen. Zum Herbst 2015 soll dann im selben Anwesen die Eröffnung einer reformpädagogisch orientierten Grundschule folgen – mit einem ineinander greifenden pädagogischen Konzept. Doch das sind nicht die einzigen Ausbaupläne des gemeinnützigen Bildungsunternehmens. Auch im allgemeinbildenden weiterführenden Schulwesen – Realschule und Gymnasium – sowie im akademischen Bereich plane man neue Angebote in Stuttgart, kündigte Klaus Vogt an, der Vorstand des Kolping-Bildungswerks.

 

Nun also die Villa Scheufelen. Dass dieses verwunschene Kleinod inmitten eines öffentlichen Parks als Bildungsstätte für Kinder taugen könnte, hatten viele bezweifelt. Vor allem auch deshalb, weil das 1936 von Karl Dübbers gebaute Anwesen in bester Aussichtslage als Wohnhaus gestaltet ist und komplett unter Denkmalschutz steht. Doch aus dieser „Not“ will das Kolping-Bildungswerk als Pächter nun eine Tugend machen. „Statt Frontalunterricht in großen Klassenzimmern wird es kleine Lerninseln geben“, so Vogt. Denn große Klassenzimmer gibt es in der Villa nicht. Stattdessen eine Bibliothek mit offenem Kamin und Wohnräume mit Stuckdecken, Parkett und weitem Blick über Stuttgart.

Terrassierte Gärtchen mit Zitronenmelisse und Himbeeren

Draußen gliedert sich das Hanggelände in unterschiedliche Terrassen und kleine Gärtchen, in denen Zitronenmelisse und Himbeeren, Zwetschgen und Mirabellen, Nüsse und Kastanien wachsen. Beste Voraussetzungen, um Kindern in kleinen Gruppen die Natur nahezubringen, meint Patricia Hagenbach, Fachbereichsleiterin für Kitas beim Kolping-Bildungswerk.

Auf drei Geschosse verteilt sich die Villa. Ins oberste sollen die Grundschüler kommen – zwei jahrgangsübergreifende Gruppen mit je 20 Kindern. Das pädagogische Konzept orientiere sich an Montessorri und sehe viel Freiarbeit vor, an der Feinkonzeption arbeite man noch, berichtet Vogt. Im mittleren Geschoss werden gerade die Räume für die Kitakinder gerichtet, und in der unteren Ebene, wo früher das Gesinde in kleinen Zimmerchen untergebracht war, wird die Verwaltung einziehen.

Für Krippenkinder ist das Gelände zu unwegsam

Bei der Ortsbesichtigung wird klar, weshalb die Kita zwar 30 Plätze für Drei- bis Sechsjährige anbieten wird, aber keine für Krippenkinder. Das Gelände ist zu steil, die Villa von oben, von der Stafflenbergstraße aus, nur über Staffeln zu erreichen, von unten, von der Pfizerstraße, nur über ein alpin anmutendes Pflastersträßchen – und Treppen. Kinderwagen- oder behindertengerecht ist das nicht. Schule und Kita haben unterschiedliche Eingänge. Über die moderne Verteilerküche, die das Kolping-Bildungswerk einbauen lässt, werden beide versorgt. Das Vesper richte man dann vor Ort, auch gemeinsam mit den Kindern, kündigt Hagenbach an.

„Das ist sozusagen ein Nukleus unserer Grundschulentwicklung in Baden-Württemberg“, sagt Vogt. Bisher stand der Träger vor allem für berufliche und Erwachsenenbildung. Doch seit kurzem betreibt er auch Kinderbetreuung, etwa an der Olga-straße. Dort werde im Oktober zudem eine Betriebskita fürs Marienhospital ihren Betrieb aufnehmen, die später in einen Neubau an der Karl-Kloß-Straße umzieht. Auch im Bereich des Gerber plane man eine fünfgruppige Einrichtung, als Freifläche diene der 600 Quadratmeter große Innenhof. Außerdem wolle man im Azenbergareal in die Kinderbetreuung einsteigen. „Wir bilden alles in der Bildungskette ab wir orientieren uns am Bedarf.“

Den sieht der Vorstand auch bei den allgemeinbildenden Realschulen und Gymnasien. Vogts Wunsch: eine Realschule und ein G-9-Gymnasium unter einem Dach. Dass so ein Konzept funktionieren kann, weiß er aus Fellbach, wo man das bereits realisiert habe. In Stuttgart verhandle man noch wegen eines Grundstücks. Hier haben schon andere Schulen gezeigt, dass das läuft, sei es die Waldschule in Degerloch, sei es das Mörikegymnasium im Süden.

Eine Abendrealschule und ein Abendgymnasium biete man über das FBD-Business College Stuttgart – einer hundertprozentigen Tochter des Kolping-Bildungswerks – bereits an. Und: „Wir haben ein Wirtschafts-Abendgymnasium beantragt und warten auf die Genehmigung.“

Maßgeschneiderte Studienangebote für die Absolventen

Damit das Angebot nicht mit der Hochschulreife endet, soll im Herbst das Internationale Studienzentrum Stuttgart starten. Über die in Berlin ansässige Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur werde man einen Bachelor und einen Master in Betriebswirtschaft mit unterschiedlichen Spezialisierungen anbieten. Und die Beteiligung an einer Berufsakademie in Nordhessen ermögliche vom Wintersemester an ein integriertes Bachelorangebot – in Kombination mit der Berufsfachschule für Physiotherapie. „Wir haben pro Jahr 1500 Abgänger mit Hochschulreife“, sagt Vogt. „Da ist es doch logisch, dass man sich Gedanken macht, ob man ihnen in der Bildungskette nicht ein Angebot machen kann.“