Unverheiratete Väter sollen leichter ein gemeinsames Sorgerecht für ihre Kinder erhalten, auch wenn die Mutter dagegen ist. Das hat das Kabinett beschlossen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die Bundesregierung will unverheirateten Vätern die Durchsetzung eines gemeinsamen Sorgerechts für ihre nichtehelichen Kinder erleichtern. „Der Vater kann nunmehr die Mitsorge auch dann erlangen, wenn die Mutter dem nicht zustimmt“, teilte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit, nachdem das Kabinett ihren Gesetzentwurf beschlossen hatte.

 

Die Bundesregierung setzt damit Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts um, die die alte Regelung gekippt hatten. Bis dahin erhielten unverheiratete Eltern nur dann das gemeinsame Sorgerecht, wenn beide dies wollten. Voraussetzung war immer das Einverständnis der Mutter. Das hatten die EU-Richter als Diskriminierung der Väter gewertet.

Jedes dritte Kind wird nicht-ehelich geboren

Nach den Worten von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) spiegelt die Reform sowohl die gesellschaftlichen Realitäten als auch „ein neues gesellschaftliches Leitbild“ wider. Demnach sollen grundsätzlich Eltern die Sorge für ihre Kinder gemeinsam tragen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht. Das Bundesjustizministerium verweist auf statistische Belege, wonach sich die Formen des Zusammenlebens von Familien rasant geändert haben. Der Anteil der nichtehelich geborenen Kinder habe sich von 15 Prozent im Jahr 1995 auf etwa 33 Prozent im Jahr 2010 mehr als verdoppelt. „Die Zahlen zeigen, dass ein modernes Sorgerecht erforderlich ist, das die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt“, sagte die Ministerin. Ein Kind solle möglichst „beide Elternteile als gleichberechtigt erleben“.

Dem Entwurf zufolge kann ein lediger Vater künftig beim Familiengericht die „Mitsorge“ für sein Kind beantragen. Wenn die Mutter sich innerhalb einer bestimmten Frist nicht dazu äußert oder dem Antrag ausschließlich mit Argumenten widerspricht, die mit dem Wohl des Kindes nichts zu tun haben, bekommen die Eltern das gemeinsame Sorgerecht, und zwar in einem beschleunigten Verfahren ohne Anhörung der Eltern und des Jugendamtes. Damit werden Argumente von Müttern gegenstandslos, die ihr Votum gegen das gemeinsame Sorgerecht lediglich mit der Kürze ihrer Beziehung zum Kindsvater begründen oder damit, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihm pflegen oder lieber alleine entscheiden wollen. „Das Familiengericht spricht dem Vater das Sorgerecht zu, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht“, so das Ministerium.

SPD: Regelung für Mütter „unzumutbar“

Macht eine Mutter geltend, dass ein gemeinsames Sorgerecht das Kindeswohl beeinträchtigen könnte, kommt es weiter zu einer umfassenden familiengerichtlichen Prüfung. Ermöglicht wird auch, dass der Vater das alleinige Sorgerecht auch gegen dem Willen der Mutter erhält. Voraussetzung dafür ist laut Justizministerium, „dass eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kinder am besten entspricht“. Auch wenn beide Eltern sich einig sind, dass das Kind besser beim Vater aufgehoben ist, kann er ein alleiniges Sorgerecht erhalten – allerdings bedarf das, anders als der Referentenentwurf zunächst vorsah – weiterhin einer gerichtlichen Kontrolle.

Für die FDP erklärte der zuständige Berichterstatter Stephan Thomae, dass seine Fraktion für eine weitergehende Lösung offen gewesen wäre; „allerdings fand sich hierfür keine Mehrheit in den Regierungsfraktionen“. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kritisierte übereinstimmend mit der Vizevorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, dass die Mutter binnen sechs Wochen reagieren müsse. Das sei „unmittelbar nach der Geburt des Kindes unzumutbar“. Zudem sei es „ein Unding“, dass das Familiengericht ohne eine Anhörung entscheiden solle, falls die Mutter nicht reagiere.