Die Affäre um Christian Wulff nimmt kein Ende: Nun belasten neue Hinweise in Bezug auf den Filmemacher Groenewold den Bundespräsidenten.

Hannover - Der Filmunternehmer David Groenewold, so heißt es in Hannover, war von Christian Wulff „immer ganz begeistert“. Als der Christdemokrat noch Ministerpräsident von Niedersachsen war, habe ihn Groenewold für „den kommenden Mann“ gehalten und seine Nähe gesucht. Ironie der Geschichte: Diese Nähe könnte jetzt für Wulff, den Bundespräsidenten, zum Verhängnis werden. In der unendlichen Wulff-Affäre, die sich um die Annahme von Geschenken und Vergünstigungen dreht, ist Groenewold seit Mittwoch zu einer Hauptfigur geworden. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass der Unternehmer Wulff ein weiteres Mal zu einem Sylt-Urlaub eingeladen hatte und die Rechnung dafür beglich.

 

Wulffs Anwälte erklärten, ihr Mandant habe den Betrag später bar erstattet. Nun soll Groenewold laut „Bild“ aber außerdem vor wenigen Wochen versucht haben, den Vorgang zu vertuschen – was von dem Unternehmer jedoch bestritten wird. Ist da etwas faul im Kontakt zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Filmunternehmer? Der Verdacht erhärtet sich, dass der 38-jährige Groenewold dem heutigen Bundespräsidenten Vorteile zukommen ließ, die Wulff nicht hätte empfangen dürfen. Hat er sich daraufhin ertappt gefühlt und bemüht, die Spuren zu verwischen?

Groenewold geschäftlich profitiert

Das niedersächsische Ministergesetz hatte Wulff wie allen anderen Mitgliedern der Landesregierung die Annahme von Vergünstigungen „in Bezug auf sein Amt“ untersagt – schon allein deshalb, um einen „bösen Schein“ der Abhängigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Allerdings geht der Verdacht über dieses Ministergesetz hinaus. Es wird auch die Frage aufgeworfen, ob Wulff gegen Paragraf 331 des Strafgesetzbuches verstoßen hat. Die „Vorteilsannahme“ wäre gegeben, wenn Wulff als Amtsträger ein Geschenk als Gegenleistung für einen dienstlichen Einsatz angenommen hätte.

Tatsächlich hatte Groenewold geschäftlich von seinen Kontakten zur Landesregierung profitiert. Über die Nordmedia, eine Tochtergesellschaft des Landes, wurden Filmprojekte gefördert: „Das Wunder von Lengede“ 2003 mit 1,5 Millionen Euro, die Filme „Tsunami“ 2004 mit 250.000 Euro und „Herr der sieben Meere“ 2005 mit 94.000 Euro. An diesen Projekten war der Film-Fonds, den Groenewold repräsentiert, mit eigenen finanziellen Beiträgen beteiligt. Außerdem wollte Groenewold 2006 oder 2007 eine Landesbürgschaft für eine seiner Firmen haben – und bekam dafür auch eine Zusage, angeblich auf Bitten der Staatskanzlei. Die Bürgschaft wurde dann aber nicht erteilt, weil Groenewolds Hausbank Bedenken bekam und das Geschäft nicht eingehen wollte.

Bemüht engen Draht zu erhalten

Diese Vorgänge zeigen: Groenewold war für das Land schon, wenigstens mittelbar, ein Geschäftspartner, der Regierungschef durfte von ihm keine Vorteile annehmen. Nun hat es aber, wie in den vergangenen Wochen immer wieder bruchstückhaft bekannt wurde, eine ganze Reihe von merkwürdigen Zuwendungen Groenewolds an Wulff gegeben. Sie klingen teilweise wie Kleinigkeiten, runden aber ein Bild ab: Der Unternehmer war bemüht, einen engen Draht zum damaligen Ministerpräsidenten zu erhalten – und er versuchte es offenbar auch über private oder halb private Kontakte. Und Wulff, der im Laufe seines politischen Lebens für die Glitzer- und Glamourwelt der Filmbranche immer empfänglicher wurde, ließ sich wohl darauf ein. Im Herbst 2008 nahmen Christian und Bettina Wulff am Münchener Filmball teil, der Ministerpräsident soll aber nur eine niedrigere Hotelrechnung für den „Bayerischen Hof“ bezahlt haben. Das Upgrade, einschließlich Kinderbetreuung, übernahm Groenewold.

Wulff erklärte, damals davon nichts gewusst zu haben – und erstattete den Differenzbetrag, das waren 400 Euro. Im Juli 2005 soll Groenewold eine Anzeige im CDU-Mitgliedermagazin finanziert und dafür 20.000 Euro gezahlt haben. Dieser Preis, heißt es, sei recht hoch gewesen. Geprüft wird, ob hier womöglich eine verdeckte Parteienfinanzierung vorliegt. Als 2006 ein Wulff-freundliches Buch erschien, soll der Autor eine Unterstützung von Groenewold in Höhe von 10.000 Euro erhalten haben. Ob für das Buch oder für andere Zwecke, ist ungewiss. Ein Jahr vorher, 2005, soll Groenewold für die CDU 26.900 Euro gespendet haben. Merkwürdig sind auch zwei Sylt-Urlaube des Paares Wulff, in die sich stets auch Groenewold eingemischt hatte. Im Sommer 2008 nächtigten die Wulffs in einem Apartment, das der Filmunternehmer vermittelte und zunächst wohl auch bezahlte. Als dieser Vorgang Ende Januar bekannt wurde, teilten Wulffs Anwälte mit, der Ministerpräsident habe Groenewold den Betrag (1200 Euro) in bar erstattet. Seit Mittwoch nun ist klar, dass es im Herbst 2007 einen weiteren Urlaub auf Sylt gab, den Groenewold über den VIP-Service von Airtours gebucht und über die eigene Kreditkarte bezahlt haben soll. Auch hierzu teilen die Anwälte von Wulff mit, der Ministerpräsident habe die Summe in bar erstattet, es ging um 1540 Euro.

Zwei Probleme gibt es jetzt für Wulff: Erstens lässt sich die Übergabe eines Barbetrages kaum nachweisen, zweitens klingt die Geschichte wenig glaubwürdig. Die zusätzlichen „Bild“-Recherchen, wonach Groenewold Mitte Januar dieses Jahres auf die Hotelangestellten eingewirkt haben soll, diese Details keinesfalls weiterzugeben, zeugen von einem möglichen schlechten Gewissen des Filmunternehmers. „Falls also ,Bild’ oder ,Spiegel’ anruft: Wir wissen von nichts“, soll laut „Bild“ in einem Vermerk des Hotels stehen. Groenewolds Anwälte widersprechen: Der Unternehmer habe lediglich um eine vertrauliche Behandlung gebeten, keinesfalls um Vernichtung von Unterlagen – und das sei auch nicht geschehen. Die Staatsanwaltschaft in Hannover aber hat die Hinweise mit Interesse gelesen, wie ein Sprecher erklärt.