Der Bundestag hat eine Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts auf den Weg gebracht. Was ändert sich? Und wann tritt das neue Gesetz in Kraft? Ein Überblick.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Die Bundesregierung hat das Einbürgerungsgesetz reformiert. Der Weg zum deutschen Pass wird kürzer, auch Doppel-Staatsbürgerschaften dürften künftig deutlich häufiger vorkommen. Das entsprechende Gesetz beschloss der Bundestag am Freitag in Berlin. Unter den 639 abgegebenen Stimmen waren 382 Ja-Stimmen und 234 Nein-Stimmen, bei 23 Enthaltungen. Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP stimmten in der finalen Abstimmung weitgehend dafür, CDU/CSU und AfD dagegen. Bei den fraktionslosen Abgeordneten, von denen die meisten der Linken oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht angehören, war das Bild gemischt.

 

Die Ampel stehe „für eine bunte und offene Gesellschaft“, erklärte die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram. Scharfe Kritik kam von der Union sowie der AfD.

Wann tritt das neue Einbürgerungsgesetz in Kraft?

Die Neuerung tritt voraussichtlich im April in Kraft – drei Monate nach der Verkündung. Derzeit leben Zahlen den Bundesinnenministeriums zufolge etwa zwölf Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in der Bundesrepublik auf.

Mit dem neuen Gesetz werden Einbürgerungen schon nach fünf statt wie bisher acht Jahren möglich, bei „besonderen Integrationsleistungen“ sogar nach drei Jahren - das können besonders gute Leistungen in Schule oder Beruf oder bürgerschaftliches Engagement sein. Kinder ausländischer Eltern bekommen künftig mit der Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil hierzulande seit fünf Jahren rechtmäßig wohnt - bisher war das erst nach acht Jahren der Fall.

Zudem können Menschen, die Deutsche werden, ihre bisherige Staatsbürgerschaft in Zukunft behalten. Das geht bisher auch schon, zum Beispiel bei Bürgern anderer EU-Staaten.

Was bringt das Gesetz sonst noch Neues?

  • Doppel-Pass
    Bislang galt - bis auf wenige Ausnahmen - das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft ablegen. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. Der Entwurf verweist darauf, dass viele Zugewanderte bislang vor dem Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft zurückscheuen - auch wegen emotionaler Verbundenheit zu ihrem Herkunftsland beziehungsweise dem ihrer Eltern.
  • Kinder
    Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.
  • Bekenntnis zum Grundgesetz
    Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird präzisiert. Der Entwurf stellt klar, dass „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind.
  • Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens
    Nach den antisemitischen und israelfeindlichen Protesten in Deutschland infolge des Hamas-Angriffs auf Israel wurde eine weitere Passage ergänzt. Gefordert wird nun auch das Bekenntnis „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens“. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine wird auch auf das „Verbot der Führung eines Angriffskrieges“ verwiesen. Haltungen, die dem entgegenstehen, sollen eine Einbürgerung unmöglich machen.
  • Sprachkenntnisse
    Besondere Erleichterungen sollen für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration gelten, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr absolvieren müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die „Lebensleistung“ dieser älteren Generation gewürdigt werden.