In der Sporthalle des Berufsschulzentrums an der Rheinlandstraße leben seit vier Wochen Asylbewerber. Die räumliche Situation ist beengt. Ein Besuch vor Ort.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Geislingen - Zimmer 27. „Syrien“ steht in Großbuchstaben auf einem Blatt Papier, darunter die Namen und das Alter der vier Familienmitglieder. Der Zettel klebt auf einem grauen Vorhang, der als Sichtschutz um die Wohnparzelle gezogen wurde. Kinderlaute dringen hinaus. Die Wölkhalle neben dem Beruflichen Schulzentrum in Geislingen hat sich vor einem Monat in eine Notunterkunft für Flüchtlingsfamilien verwandelt. 131 Asylbewerber wohnen derzeit in 32 Wohnparzellen, die mit Betten, einem Tisch, Stühlen und einem Kühlschrank ausgestattet sind. „Am Dienstag kommen noch fünf Familien, dann sind wir mit 148 Bewohnern voll“, sagt der Heimleiter Werner Rizmann.

 

Seit dem 25. August kamen jede Woche neue Asylbewerber in die Notunterkunft. Es sind ausschließlich Familien mit Kindern – aus Syrien, Afghanistan, Albanien, Mazedonien, Bosnien oder Serbien. Jede Familie hat eine Parzelle für sich, die eigentlich für vier Asylbewerber ausgelegt ist. Doch teilweise leben auch mehr Erwachsene und Kinder darin.

Ende Oktober sollen 210 Asylbewerber in Container ziehen

Eine der Parzellen bewohnt etwa die 30-jährige Rania Kadoora aus dem syrischen Aleppo mit ihrem Mann und zwei Söhnen. „Wir waren zuerst in der Erstaufnahmestelle in Karlsruhe und kamen dann nach Geislingen“, berichtet sie in brüchigem Englisch. Mittlerweile lebt sie seit zwei Monaten in Deutschland – und scheint glücklich zu sein. „Mein siebenjähriger Sohn Majid besucht die Lindenschule und lernt dort Deutsch“, sagt sie. Die Familie ist dankbar, dass sie nicht mehr bei jedem Flugzeug, das über sie hinweg fliegt, sich verstecken und Angst haben muss.

Obwohl die räumlichen Gegebenheiten alles andere optimal sind – ständiger Lärm und fehlende Privatsphäre – Beschweren hört man keine. Und es gibt Aussicht auf Verbesserung: Ein paar Meter weiter auf dem alten Sportplatz werden derzeit Container aufgebaut. 210 Asylbewerber sollen hier von Ende Oktober an untergebracht werden. „Dann hat jede Familie ihr eigenen vier Wände und eine Tür, die sie abschließen kann“, sagt Carmen Müller, eine Ehrenamtliche vom Arbeitskreis Asyl.

Nur einmal gab es Ärger in der Notunterkunft

Bisher ist der Plan, dass die Asylbewerber aus der Wölkhalle in die Container umziehen und zusätzlich Flüchtlinge aus den Erstaufnahmestellen im Land aufgenommen werden. „Es ist unser Ziel, die Wölkhalle so schnell wie möglich zu räumen“, sagt Rizmann. „Aber je nachdem wie sich die Zahlen der Asylsuchenden entwickeln, kann das keiner beschwören.“ Laut dem Leiter des Göppinger Kreissozialamtes, Rudolf Dangelmayr, sind zur Zeit 1028 Asylbewerber im Kreis untergebracht. Die Zahl ändere sich aber jeden Tag.

Ärger gab es in der Notunterkunft bisher keinen: „Einmal musste die Polizei kommen, weil ein Bewohner getrunken und randaliert hat“, erzählt Müller. Kurz danach habe er die Unterkunft verlassen müssen. Ansonsten blieb es ruhig. Jeden Tag sind neben dem Heimleiter Rizmann, ein Sozialbetreuer, ein Hausmeister, sowie freiwillige Helfer da und kümmern sich um die Belange der Bewohner, wie Behördengänge, Arztbesuche oder andere Sorgen.

Sportunterricht in andere Hallen verlegt

Die Schüler des Berufsschulzentrums nehmen die Belegung ihrer Sporthalle gelassen hin: „Der Sportunterricht wurde in die Geislinger Jahnhalle, die Ankenhalle in Kuchen und die Sporthalle in Reichenbach im Täle verlegt“, erläutert Irina Rus (16), die das Sozialwissenschaftliche Gymnasium besucht. Der Landkreis stellt dafür Busse zur Verfügung, die die Schüler zu den anderen Hallen bringen.

Ein richtiges Kennenlernen zwischen Flüchtlingen und Schülern gibt es bisher noch nicht. „Manche Schüler haben sich drüben aber schon vorgestellt“, weiß Monique Späth (16) von der Emil-von-Behring-Schule. Negativreaktionen unter den jungen Leuten findet man keine. „Wir wurden schon vor den Sommerferien informiert, dass die Wölkhalle eine Notunterkunft werden soll“, sagt Irina Rus. Daraufhin habe es zwar kritische Nachfragen gegeben, aber auch Fragen, wie man helfen könne.

Am Samstag gibt es ein Fußballturnier mit Flüchtlingen

„Es war hilfreich, dass nach den Sommerferien der Erste Landesbeamte des Kreises, Jochen Heinz, in die Schule gekommen ist und die Situation erläutert hat“, sagt der stellvertretende Schulleiter der gewerblichen Schule, Helmut Kölle. Dass der Sportunterricht ihrer Kinder weiterhin gewährleistet sei, habe auch bei den Eltern für Beruhigung gesorgt. Nun will man in den nächsten Wochen mehrere Projekte mit den Schülern und Flüchtlingen ins Leben rufen. Eines davon beginnt bereits im Oktober: Zahnarzthelfer in Ausbildung wollen den Flüchtlingskindern spielerisch Zahnpflege beibringen.

Eine Idee, wie man die Asylbewerber in das Stadtleben einbeziehen kann, ist gemeinsamer Sport. Der Verein SV Glück Auf Altenstadt und der Ortsverein der SPD veranstalten am Samstag, 26. September, ein Fußballturnier für und mit Flüchtlingen. Gespielt wird von 14 Uhr an auf dem Kunstrasenplatz an der Auchtweide 5.