Die Zukunft des Nürburgringes ist offener denn je. Die Betreiber des insolventen Rennkurses suchen Abnehmer. Im Gespräch sind der ADAC und Red Bull – und um die Rolle des Formel-1-Chefes Bernie Ecclestone gibt es Gerüchte.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Nürburgring - Etwa 20 Meter neben der Startzielgeraden des Nürburgrings steht der Patient. Es ist die mächtige Achterbahn, die Millionen kostete, sich aber als vollkommen unbrauchbar erwiesen hat. Es ist zu unsicher, so nah an den Menschenmassen vorbeizurauschen. Wenn da jemand etwas auf die Bahn wirft, kann es zur Katastrophe kommen. Die Bahn müsste wohl verkleidet werden mit durchsichtigem Material. Das ist aufwendig und nimmt dem Fahrvergnügen den Reiz. Also steht der Stahlkoloss sinnbildlich für die Krise des insolventen Nürburgrings.

 

Wenn die Formel 1 dort gastiert, ist die vor wenigen Jahren entstandene Erlebniswelt am Ring mit ihren riesigen Betonbauten gut gefüllt. Es gibt ein Kino, ein Museum, Rennsimulatoren, Fanshops, eine Kletterwand – was das Herz begehrt. Im sogenannten Eifeldorf sind Restaurants und ein Hotel. Es ist nicht die einzige Herberge, die entstanden ist, weil man glaubte, Rennsportenthusiasten würden den Weg in die entlegene Eifel auch dann finden, wenn keine Veranstaltung stattfindet.

Zwischen den Rennen mutiert der Ring zur Geisterstadt

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Wenn die Formel 1 und ihre Fans wieder weg sind, mutiert das Ensemble aus Betonbauten und im Eifelstil nachempfundenen Häusern wieder zur Geisterstadt – bis sich bei der nächsten Rennsportveranstaltung wieder Menschen in der PS-Welt verlieren. Ansonsten steht der Park überwiegend leer und ist Ausdruck planerischen Größenwahns. Die Erlebniswelt benötigt ein Konzept, dass die Menschen in die Eifel bringt.

Was die Rennstrecke im Besonderen benötigt, ist ein Käufer. Der wird sich möglicherweise nicht auch noch das Groschengrab Erlebniswelt zulegen. Zu den Interessenten an der Rennstrecke gesellte sich zumindest für drei Tage der Formel-1-Chef Bernie Ecclestone, der im Interview mit der „Welt“ eine Kaufabsicht andeutete – um die Aussage dann drei Tage später in der „Rhein-Zeitung“ wieder zurückzuziehen. Er habe zwar darüber nachgedacht, aber es sei für ihn nicht praktikabel. Er hoffe jedoch, dass jemand den insolventen Traditionskurs kauft – „denn wir sind gerne hier.“ Auf der Liste der Interessenten stehen auch der ADAC und Red Bull.

Ist Ecclestones Schlingerkurs Taktik? Will er sich erst ins Gespräch, dann wieder aus dem Spiel bringen, um den Preis zu drücken? Um am Ende dann doch zuzuschlagen und den Nürburgring zu kaufen?

Aufgerufen ist ein dreistelliger Millionenbetrag

Auf alle Fälle sind im Angebot Varianten möglich. Man könnte die ganze Anlage kaufen oder nur Einzelteile wie zum Beispiel die traditionsreiche Nordschleife, den aktuellen Grand-Prix-Kurs oder das Eifeldorf mit der Erlebniswelt. Am Ende des Jahres soll ein Käufer präsentiert werden, der einen dreistelligen Millionenbetrag auf den Tisch blättern muss. Die Rahmenbedingungen eines bevorstehenden Deals schaffte zuletzt der Rheinland-pfälzische Landtag. Eine rot-grüne Mehrheit stimmte für ein Schutzgesetz, das den öffentlichen Zugang der Rennstrecke sichern soll.

Dies werde den Verkauf nicht beeinträchtigen, sagt der Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD). Die CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner zeigt sich dagegen äußerst kritisch gegenüber dem Gesetz und sagt: „Wir haben noch erhebliche Bedenken.“ Offen sei zum Beispiel, was passiere, wenn der künftige Betreiber sich nicht an die geforderte Nutzungsordnung halte. Und der CDU-Rechtspolitiker Axel Wilke sagt dazu nur kurz und knapp: „Kein Investor weiß, was ihn erwartet.“

Da ist auch die Frage, was aus der Achterbahn wird. An den Schrauben treibt bereits der Rost sein übles Wesen. Doch mit etwas Farbe – das muss der Käufer wissen – ist es am Nürburgring nicht getan.