Oberbürgermeister in Leinfelden-Echterdingen Ein Kapitän mit klarem Kompass geht von Bord

Roland Klenk, Oberbürgermeister der Stadt Leinfelden-Echterdingen, wird eine ganz persönliche Abschiedsrede halten. Foto: Thomas Kraemer/Stadt Leinfelden-Echterdingen/Thomas Kraemer

Roland Klenk steht seit mehr als 22 Jahren an der Spitze der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Am Freitag lädt er zu seinem Abschied.

Großer Bahnhof an der Bahnhofstraße: Roland Klenk hat für diesen Freitag zu seinem Abschied in die Filderhalle eingeladen. Der scheidende Oberbürgermeister wird dafür seinen blauen Anzug aus dem Schrank holen. „Der steht mir einfach am besten“, sagt er und schmunzelt dabei. Bei der Schuhwahl ist er noch nicht ganz sicher. Rausgesucht hat er dunkelblaue mit Kroko-Muster. „Vielleicht nehme ich aber auch die roten“, sagt er.

 

Schon entschieden hat er, dass er eine sehr persönliche Rede halten will. Der 71-Jährige will erzählen, woher er kommt, wer er ist und was ihm wichtig ist. Wer ihn kennt, weiß, dass er einen klaren Kompass hat, sich nicht verbiegen lässt. Der Christdemokrat will keiner sein, von dem man sagt: „Der ist flexibel.“ Er sieht sich politisch in der Mitte-rechts-Position. „Ich war in den Merkel-Jahren bei der CDU in der innerparteilichen Opposition“, betont er. „Ich bin aber kein Rechtsextremist.“ Vielmehr stehe er voll und ganz auf dem Boden der Verfassung.

Der Run auf die Eintrittskarten war groß. „Das zeigt, wie beliebt Roland Klenk ist“, sagt Eberhard Wächter. Der Fraktionschef der FW/FDP wird an diesem Abend für den Gemeinderat sprechen. Er beschreibt den scheidenden Rathauschef als „redlich, ehrlich und offen“. Unter Druck seien ihm die besten Ideen gekommen, in hitzigen Sitzungen sei es ihm stets gelungen, gute Kompromisse zu finden. Er überlasse seinem Nachfolger Otto Ruppaner ein bestelltes Haus – auch finanziell.

Im Januar 2002 hat Stadtrat Hans Huber OB Roland Klenk den Treueschwur abgenommen. Foto: Günter Bergmann/Archiv

Vor mehr als 22 Jahren war es derweil mehr als ungewiss, ob ein CDU-Politiker in Leinfelden-Echterdingen als neuer Rathauschef eine Chance haben sollte. Die Messe und der Widerstand gegen sie hatte die Menschen dort stark beschäftigt. Roland Klenk, der in Murrhardt aufgewachsen ist, in Tübingen Jura studiert hat und in Lahr Bürgermeister war, hat es dennoch geschafft, sich durchzusetzen. Er war der einzige OB-Kandidat, der sich nicht gegen die Messe gestellt hatte. „Ich habe damals zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass die Lauten nicht immer die Mehrheit sind“, sagt er dazu.

Glücklich in der Wunschstadt gewählt zu sein

Wie er sich damals gefühlt hat? „Ich war glücklich“, sagt Klenk auf diese Frage. Denn: „Leinfelden-Echterdingen war meine Wunschstadt.“ Sie biete „vom Dorf bis zur Mini-Großstadt alles“. In all den Jahren sei es ein großer Reiz für ihn gewesen, die „anspruchsvolle mündige Bürgerschaft mit ihrem heterogenen Meinungsbild“ überzeugen zu müssen. Besonders stolz sei er darauf, dass es mit dem Sportpark Goldäcker gelungen ist, ein neues Sportgelände inmitten der Stadt und gleichzeitig in Echterdingen viele neue Wohnungen zu schaffen. Für ganz wichtig hält er es, dass mit Filderstadt eine Stiftung gegründet wurde, die junge Menschen mit dem Thema Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers am Flughafen konfrontiert. Die Sanierung der historischen Mitte von Echterdingen hätte er dagegen gerne früher ins Werk gesetzt. Den Ortsteil Stetten hätte er gerne schon etwas weiter entwickelt. Am Haldenareal sollte ein Ort für Vereine und bürgerschaftliches Engagement geschaffen werden, findet er.

Stadtrat Wächter berichtet, dass Klenk darunter gelitten habe, dass den Kommunen immer mehr Aufgaben von außen aufgedrückt werden. Ein Beispiel dafür sei der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren, aber auch die Flüchtlingspolitik. Hier hat der Noch-OB früher als andere ein restriktiveres Vorgehen eingefordert. Im sogenannten Moscheestreit zwischen der Stadt und dem muslimischen Verein VKBI ist er hart geblieben. Er wollte verhindern, dass in Oberaichen ein Schülerheim entsteht, das aus seiner Sicht „in Sachen Integration allergrößte Fragezeichen aufwirft“.

„Roland Klenk ist ein sehr guter Redner“, sagt SPD-Fraktionschef Erich Klauser. Man sei sich immer mit Respekt begegnet. Allerdings gebe es auch mehrere Dinge, die den Sozialdemokraten nicht gefallen haben. Klenks Haltung im Moscheestreit sei dafür ein Beispiel. Dass der OB den Aufritt des umstrittenen Redners Daniele Ganser in der städtischen Filderhalle durchgesetzt hat und sich dabei auf die Meinungsfreiheit und verschiedene Gerichtsurteile berufen hat, hat ihm nicht nur Freunde gemacht.

Zu einem Aktionstag gegen Rechtsextremismus, Hass und Hetze in Filderstadt wurde er als Redner gar nicht erst eingeladen. „Was mich daran ärgert, ist, dass man nicht durchdringt, warum das so kam“, sagt Roland Klenk dazu. „Wenn ich den Auftritt untersagt hätte, hätte ich Herrn Ganser in seinen Rechten beschnitten.“ Der Fall wäre vor Gericht gelandet. Die Stadt hätte diesen Streit verloren, ist er sicher.

Neuer Lebensabschnitt beginnt mit einer Feier

In den vergangenen Tagen hat Klenk Kisten gepackt, sein Büro im Leinfelder Rathaus ausgemistet. Die gesammelten Schriften des Archivs über die Stadt wird er mit nach Hause tragen. Er hat sich fest vorgenommen, diese zu lesen und sich so erneut jener Stadt zu widmen, an deren Spitze er so lange gestanden hat. „Ich habe meine Arbeit immer geliebt“, sagt er. Dies habe ihm auch die Kraft gegeben so lange durchzuhalten.

Der erste Tag des neuen Lebensabschnitts wird sein 72. Geburtstag sein. Roland Klenk erwartet Besuch von dem jüngeren Sohn mit Enkelkind, die 160 Kilometer entfernt leben. Endlich mehr Zeit für die Familie und seine Partnerin zu haben, darauf freut er sich. Er hat sich vorgenommen zu Fußball- und Handballspielen zu gehen, die Sportvereine zu besuchen. Der CDU-Mann wird für den Kreistag kandidieren. „Ich freue mich, nach Jahrzehnten durchstrukturierter Tage meine Freiheit zu genießen“, sagt er. Er wolle „jetzt mal die Seele baumeln lassen.“

Klenk geht, Ruppaner kommt

Der Alte
Roland Klenk ist seit 2002 Rathauschef in Leinfelden-Echterdingen, er wurde am 4. November 2001 im zweiten Wahlgang als Nachfolger von Wolfgang Fischer gewählt. Am 15. Januar 2018 hat seine dritte Amtszeit begonnen, nachdem er zuvor mit 88,24 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden war.

Der Neue
Otto Ruppaner wird von 1. März an, und damit von Klenks 72. Geburtstag an, der neue Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen sein. Der 41-Jährige war zuvor Bürgermeister in Köngen und wird am 15. März ins Amt eingesetzt.

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