Zu den Winterspielen ist erstmals ein Mitglied der Kim-Familie nach Südkorea gereist. Präsident Moon sucht eine Annäherung und bereitet den hohen Gästen aus Pjöngjang einen herzlichen Empfang. US-Vizepräsident Pence zeigt ihnen hingegen die kalte Schulter. Was kommt jetzt?

Pyeongchang - Mit den bisher höchsten Treffen beider Koreas seit fast zwei Jahrzehnten wollen beide Seiten ihre Annäherung voranbringen. In historischen Begegnungen begrüßte Südkoreas Präsident Moon Jae In vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele am Freitag im südkoreanischen Pyeongchang die einflussreiche Schwester von Nordkoreas Machthaber, Kim Yo Jong, und das protokollarische Staatsoberhaupt Kim Yong Nam. Als Zeichen für die anhaltenden Spannungen über Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm ging US-Vizepräsident Mike Pence beiden aber demonstrativ aus dem Weg.

 

Die 30-jährige Schwester von Kim Jong Un ist das erste Mitglied der seit drei Generationen in Nordkorea herrschenden Kim-Familie, das den Süden der koreanischen Halbinsel besucht. Moon sprach kurz mit ihr im Stadion, bevor die Eröffnungsfeier begann. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der ebenfalls an der Eröffnung teilnahm, war im selben Hochgeschwindigkeitszug mit der hohen Funktionärin von Seoul nach Pyeongchang gefahren. Ein Gespräch habe es aber nicht gegeben, hieß es aus deutschen Delegationskreisen.

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Vor der Eröffnungsfeier hatte Moon einen Empfang für 200 Staats- und Regierungsgäste gegeben. Außer Steinmeier nahmen auch US-Vizepräsident Pence, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe und Chinas Sondergesandter Han Zheng teil. Damit waren erstmals die Spitzenvertreter aller Kontrahenten in dem Konflikt über die nordkoreanische Entwicklung von Atomwaffen und Raketen in einem Raum.

Der US-Vizepräsident schlug allerdings ein anschließendes Abendessen an einem Tisch mit Nordkoreas Vertreter aus. Beide seien sich bei dem Empfang kurz begegnet, hätten aber offensichtlich vermieden, sich ansehen zu müssen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Poolberichte. Pence habe den Ort nach fünf Minuten wieder verlassen. Er habe offenbar vermeiden wollen, Kim Yong Nam an dem Tisch mit Südkoreas Gastgeber gegenübersitzen zu müssen.

Obwohl die Teilnahme von Pence laut Yonhap fest eingeplant war, sagte der südkoreanische Präsidentensprecher, der US-Vizepräsident habe ein separates Dinner mit US-Sportlern vorgehabt. Dass er so früh gegangen sei, bedeute nicht, dass er das Essen boykottieren wollte. Dass Pence aber derart deutlich auf Distanz zu den Nordkoreanern ging, enttäuschte Hoffnungen auf mögliche Gespräche am Rande der Winterspiele. Allerdings hatte auch Nordkorea am Vortag erklärt, an einem Dialog mit der US-Seite nicht interessiert zu sein.

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In einer Rede beim Empfang äußerte Südkoreas Präsident allerdings die Hoffnung, dass die Annäherung beider Koreas zu Dialog und Frieden führen wird. Mit Blick auf Nordkoreas Vertreter sagte Moon: „Einige von uns hätten nicht die Chance gehabt, im gleichen Raum zusammen zu sein, wenn es nicht wegen der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang wäre.“ Er fügte hinzu: „Am wichtigsten ist es, dass wir hier zusammen sind.“ Das allein sei schon der Start „unseres ersten Schrittes“ in Richtung weltweiten Friedens.

Olympia als dauerhafte Entspannung

Im Zuge seiner überraschenden Annäherungspolitik gegenüber Südkorea hatte Kim Jong Un seine Schwester zu der Eröffnungsfeier in das Nachbarland entsandt. Bei der Begrüßung durch Vereinigungsminister Cho Myoung Gyon am Flughafen lächelte die 30-Jährige an der Seite des 90-jährigen Kim Yong Nam. Südkoreas Präsident will am Samstag bei einem Mittagessen mit der mächtigen Funktionärin und dem Parlamentschef zu einem längeren Gespräch zusammentreffen.

Der Besuch gilt als Zeichen dafür, dass Kim Jong Un die seit Anfang des Jahres betriebene Annäherung fortsetzen will. Nordkorea hat zu den Spielen auch eigene Athleten geschickt. Als Zeichen der Verbundenheit des geteilten Landes treten die Eishockeyspielerinnen aus dem Süden sogar in einer gemeinsamen Mannschaft mit ihren nordkoreanischen Kolleginnen an.

Südkoreanische Medien spekulierten, dass Kim Jong Un auch eine Botschaft an den südkoreanischen Präsidenten übermitteln wolle. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf diplomatische Quellen, Kim könnte womöglich den südkoreanischen Staatschef nach Pjöngjang einladen. Moon Jae In hatte erklärt, die Olympia-Zusammenarbeit nutzen zu wollen, um eine dauerhafte Entspannung auf der koreanischen Halbinsel zu erreichen.

Steinmeier rief am Freitag in Seoul dazu auf, die Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts um Nordkoreas Atomprogramm nicht aufzugeben. „Haben Sie den Mut, sich diese Hoffnung zu bewahren.“ Steinmeier betonte, der Auftritt einer gemeinsamen Mannschaft mit Sportlern aus Nord- und Südkorea bei den Spielen dürfe nicht überschätzt werden. Noch sei nicht zu erkennen, ob dahinter der Wunsch des Regimes nach einem echten Dialog stehe.