Damit ihre Parkplätze nicht von Fremdparkern blockiert werden, holen sich einige Einzelhändler Hilfe. Wer die erlaubte Zeit überschreitet, muss mit relativ hohen Bußgeldern rechnen. Das Vorgehen ist umstritten

Böblingen/Leonberg - Josef Wölfling wollte noch kurz etwas im Drogeriemarkt in Leonberg einkaufen. Zuhause bemerkte er dann einen Strafzettel über 24,90 Euro an seiner Windschutzscheibe. Obwohl er deutlich sichtbar eine Parkscheibe auf das Armaturenbrett gelegt hatte, war ihm von einem privaten Kontrolldienst das Bußgeld aufgebrummt worden. In der Römerstraße wehren sich zahlreiche Geschäfte auf diese Weise gegen unerwünschte Dauerparker. Auch ein großer Einkaufsmarkt im Böblinger Gewerbegebiet Hulb überwacht seinen Parkplatz, damit die Kundschaft nicht leer ausgeht. Die Praxis ist umstritten.

 

Damit die Stellplätze nicht von dauerparkenden Anwohnern oder Menschen blockiert werden, die die Nähe zum Bahnhof für eine Weiterfahrt nutzen, hat die Drogeriemarktkette dm in Leonberg als erstes Unternehmen reagiert: Seit dem vergangenen Sommer weisen blaue Schilder an den Einfahrten darauf hin, dass die Abstellzeit auf 90 Minuten limitiert ist und die Mitarbeiter der „Fair Parken GmbH“ die Parkscheiben kontrollieren. Wer überzieht, bezahlt 24,90 Euro. Der benachbarte und nach einem Abriss neu eröffnete Rewe-Markt wird dieselben Regeln aufstellen.

Der Dienstleister darf die Strafgebühr behalten

Die Mitarbeiter von Fair Parken würden darauf achten, „dass unsere Kunden eine Parkscheibe im Auto hinterlegt haben“, erklärt Tobias Trinkle das System. „So können wir sicherstellen, dass die Kundenparkplätze nicht als Park-&-Ride-Parkplätze genutzt werden“, sagt der dm-Gebietsverantwortliche. „Sollte einer unserer Kunden allerdings einmal die Parkscheibe vergessen, droht ihm, wenn er sich mit seinem Kassenzettel im Markt meldet, natürlich kein Bußgeld“, verspricht er. Bei dem Parkraumbewirtschaftungsvertrag, den dm mit Fair Parken geschlossen hat, darf der Dienstleister die Strafgebühr behalten.

Online-Shopping nimmt zu

„Das Online-Shopping nimmt zu, da müssen wir mit unserem Pfund Parkmöglichkeiten auch wuchern dürfen“, pflichtet ihm Sabine Stachorski bei. Der Rewe-Sprecherin zufolge sei es mittlerweile üblich, Firmen wie Fair Parken zu engagieren, um dem Wildparken Einhalt zu gebieten. Auch der Rewe-Markt in der Leonberger Römerstraße werde angesichts der Nähe zum Bahnhof künftig auf die Dienste der Parkkontrolleure setzen, damit die 75 Parkplätze den Kunden vorbehalten bleiben. „Wir informieren unsere Kunden vorher jedoch umfassend darüber“, verspricht Sabine Stachorski. Weil der Nachbar dm diesen Service bereits nutze, „müssen wir einfach nachziehen“.

Der Markt hatte laut der Rewe-Sprecherin schon früher Probleme mit Dauerparkern gehabt. Anwohner seien beispielsweise dem Irrglauben verfallen, sie dürften ihren Wagen zeitlich unbegrenzt dort abstellen. „Im Übrigen ist es doch kulant, dass Kunden dort mit Parkscheibe 90 Minuten stehen und auch mal gegenüber einkaufen dürfen“, findet sie. Ob ihr Unternehmen einen Dienstvertrag mit Fair Parken abgeschlossen hat oder die Parkflächen zur Bewirtschaftung verpachtet wurden, will Sabine Stachorski nicht sagen. „Da es sich um ein Geschäftsverhältnis handelt, möchten wir aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben“, erklärt die Sprecherin. Der Unterschied ist deswegen von Belang, weil sich die Einnahmen des Dienstleisters im zweiten Fall nur im Erfolgsfall einstellen, sprich: wenn auch eine Strafe fällig wird. Verbraucherschützer kritisieren, das führe zu einem unverhältnismäßigen Sanktionieren. Deren Geschäftsmodell wie auch das von „Fair Parken“ scheint sich in einer Grauzone zu bewegen. Das ist aus dem zu schließen, was Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale sagt. Grundsätzlich sei es auf privaten Parkflächen wie in Echterdingen erlaubt, Vertragsregeln aufzustellen. Die Strafen dürften jedoch nicht sittenwidrig ausfallen. Dies sei dann der Fall, wenn sich der geforderte Betrag deutlich von ortsüblichen Bußgeldern abhebe. Das sind fünf bis zehn Euro. Die in Echterdingen angedrohten 30 Euro erscheinen ihm zufolge fragwürdig. Auch das bei dm in Leonberg fällige Bußgeld von 24,90 wären demnach sehr hoch.

Notfalls wird abgeschleppt

Die Supermarktkette Real arbeitet in Böblingen nicht mit einem externen Dienstleister für die Überwachung der Parkflächen zusammen – obwohl der Einzelhändler ebenfalls mit Dauerparkern konfrontiert ist. „Unser Markt auf der Hulb hat leider häufiger Schwierigkeiten mit widerrechtlich parkenden Fahrzeugen“, berichtet der Pressereferent Frank Grüneisen. Vor allem Lastwagen würden Probleme verursachen, die Filiale befindet sich am Rand eines großen Gewerbegebiets. Die Kunden dürfen den Parkplatz für die Dauer eines Einkaufs nutzen. „Diese setzen wir mit bis zu zwei Stunden bereits sehr großzügig an“, teilt er mit. Schilder weisen gut sichtbar auf die Parkplatzordnung hin.

Damit das Einkaufserlebnis möglichst angenehm ausfällt, sollte die Kundschaft auch ein großes Angebot an freien Parkplätzen vorfinden. „Von daher dulden wir Falschparker nicht“, betont Frank Grüneisen. Wer die Parkdauer überschreitet, wird zunächst mit einem Zettel an der Windschutzscheibe verwarnt. Sollte das Fahrzeug am nächsten Tag nicht verschwunden sein, „behalten wir uns vor, von unserem Hausrecht Gebrauch zu machen und es kostenpflichtig abschleppen zu lassen“, teilt der Real-Sprecher mit.

Bei der Filiale am Röhrer Weg am südwestlichen Stadtrand von Böblingen gibt es dagegen gar keine Probleme mit Falschparkern: Es hängt eben ganz vom Standort ab. Auch Möbel Hofmeister im Sindelfinger Osten, wo zusätzlich das Breuningerland 3000 Parkplätze bietet, muss sich mit dem Problem nicht auseinander setzen. „Die wenigen Falschparker, die wir haben, fallen bei uns gar nicht ins Gewicht“, teilt Christiane Faber für das Unternehmen mit.

Geld zurück erst nach einer nervenaufreibenden Diskussiono

Für Josef Wölfling fiel die Erfahrung mit der Parkraumüberwachung durchweg negativ aus. Abgesehen davon, dass er den Vorschriften entsprochen und eine Parkscheibe benutzt hatte, war er auch nur wenige Minuten in der Leonberger dm-Filiale. Weil eine der Drogeriemarkt-Angestellten seinem Wunsch nach einem bestimmten Artikel nicht entsprechen konnte, konnte er allerdings auch keinen Kassenzettel vorweisen. Als er den Strafzettel über 24,90 Euro entdeckte, fuhr er direkt in den Laden zurück. Erst nach „einem nervenaufreibenden Hin und Her“ mit einer Verkäuferin sowie heftiger Diskussion mit der Filialleiterin sei die Sanktionierung wieder vom Tisch gewesen. „Kundenfreundlich war das nicht“, sagt der Leonberger.