Wie jedes Jahr versuchen Frühlingsfest-Besucher auf Anwohner- oder Supermarkt-Parkplätzen hohe Ticketkosten oder lästige Parkhausstaus zu umgehen. Wo abgeschleppt wird - und wo nicht.
Während des Cannstatter Frühlingsfests sind gute Parkplätze beliebt, vor allem wenn sie kostengünstig sind. Deshalb versuchen Besucher häufig, in naher Umgebung Alternativen zu finden, statt die offiziellen Stellflächen des Veranstalters zu nutzen.
Die Stadt Stuttgart hat darauf reagiert und mit Schranken bereits einige Zufahrtsstraßen der Wohnviertel blockieren lassen. So zum Beispiel die Anwohnerstraßen im Veielbrunnengebiet auf der Rückseite des Cannstatter Bahnhofs sowie Straßen rund um den Raitelsberg im Stuttgarter Osten. Aber auch Supermärkte und Baumärkte gehen aktiv gegen Falschparker vor.
Dienstleister überwacht Parkraum
Die Netto-Filiale in der Daimlerstraße etwa hat den externen Dienstleister „Parkdepot“ zur Parkraumüberwachung engagiert. Praktisch bedeutet das, dass die Kennzeichen der einfahrenden Fahrzeuge mit Kameras erfasst werden und beim Ausfahren somit die Parkdauer errechnet wird. Wer die erlaubte Parkzeit überschreitet, bekommt einen Strafzettel.
Das Verfahren sowie die Datenverarbeitung sind gesetzlich genau definiert und in diesem Umfang erlaubt. Der vermeintlich kostengünstige Trick, als Volksfestbesucher sein Auto bei einem Supermarkt abzustellen, kann also zur Falle werden – und Bußgelder von rund 30 Euro zur Folge haben.
Falschparkern drohen Kosten von rund 200 Euro
Deutlich rigoroser geht Marco Sicuro vor. Er ist Filialleiter des Toom-Baumarkts, der sich ebenfalls in der Daimlerstraße befindet. Sicuro hat einen Vertrag mit einem Abschleppdienst geschlossen, der den Parkplatz überwacht. Wenn Fahrzeughalter nicht in den Baumarkt gehen, sondern Richtung Wasen schlendern, wird ihr Fahrzeug abgeschleppt. Um sicher zu gehen, dass er dabei keine falschen Autos abschleppen lässt, werden die jeweiligen Kennzeichen in der Filiale ausgerufen.
Der Filialleiter erklärt, warum die Kooperation mit dem Abschleppdienst zustande kam: Vor zehn Jahren musste er mit einem Kollegen während des Frühlingsfests und der Wasenzeit mit dem Klemmbrett auf dem Parkplatz stehen und das Geschehen dort beobachten. „Wenn wir Falschparker verwarnt haben, gab es schon mal Beschimpfungen“, sagt Sicuro weiter.
Freier Parkraum für Kunden
Aber das eigentliche Problem sei mit den Verwarnungen nicht gelöst gewesen. Man wolle die begrenzten Parkmöglichkeiten für seine Kunden freihalten. Diese sollen nicht durch einen vollen Parkplatz davon abschreckt sein, überhaupt in die Filiale zu kommen, so der Filialleiter. Viele seien das durch das hohe Verkehrsaufkommen rund um den Wasen nämlich sowieso schon.
Mit dem Abschleppdienst soll also lediglich der Parkraum für Kunden frei gemacht – und das schnellstmöglich. Bei den Kosten orientiert sich die Abschleppfirma an den Preisen der Stadt Stuttgart, also rund 200 Euro. Eine zusätzliche Strafe verlangt Sicuro von den Falschparkern aber nicht und betont. „Wir verdienen nicht an dem Vorgang und überall sind große Warnhinweise aufgestellt.“
Parkraumüberwachung in Stuttgart auf dem Vormarsch
Den Parkplatz des Supermarktes von externen Firmen mit fortschrittlicher Technologie überwachen zu lassen, ist ein fortschreitender Trend. Der Vorteil für Parker: Die Zeit von Parkscheiben, die man eventuell vergisst aufs Armaturenbrett zu legen, ist vorbei. Der Nachteil: Ein Bußgeld zu umgehen ist mit der genauen Kontrolle durch die Überwachung schwerer als zuvor – wenn nicht sogar fast unmöglich.
Eine der führenden Firmen für Parkraumüberwachung und dem Kassieren von Strafzahlungen ist die in Stuttgart ansässige Nexobility GmbH, die ihre Systeme mit dem Namen „Better Park“ anbietet. Die dafür benötigten Kameras zur Kennzeichenerfassung sind 2018 im Preis stark gefallen. Seitdem ist es deutlich einfacher Parkplätze ohne Schranken zu überwachen. Das bestätigt auch Andreas Brehm, Gründer und Geschäftsführer der Nexobility GmbH.
In Zukunft noch mehr Parkplätze mit Überwachung
Die erlaubte Parkdauer legt der Supermarktbetreiber fest. Wenn diese nicht eingehalten wird – inklusive Kulanzzeit – kann „Better Park“ abkassieren. 30 Prozent aller Supermarkt- und Baumarktketten hätten ein Parkraumproblem, das sich auf den Umsatz auswirke, sagt Brehm. Deshalb sieht er ein großes Wachstumspotenzial für seine Branche. „In anderen Ländern ist die Art von Überwachung schon völlig gängig, es ist also nur eine Frage der Zeit, bis es in Deutschland auch für jeden normal ist.“
Zudem sieht er in der Parkraumüberwachung auch für Anwohner in engen Stadtteilen einen Vorteil. Denn außerhalb der Laden-Öffnungszeiten könnten Parkplätze von ihnen gemietet werden. So ist es bereits im Einkaufszentrum FEZ in Leinfelden-Echterdingen. Der Parkplatz ist zusätzlich zum Kundenverkehr an Anwohner und an einen Flughafen Shuttle-Service vermietet. Insgesamt über 100 Parkplätze in Stuttgart sind bereits mit der Technik von „Better Park“ ausgestattet, weitere werden laut Brehm zeitnah folgen.