Glänzende Umfragen, ein Parteitag ohne Abbruch und sehr viel Harmonie: Für die AfD läuft es gerade gut. Sie hat ihren Kurs gefunden. Der führt sie weiter nach rechts. Ihr größtes Problem ist allerdings nicht der Verfassungsschutz.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Eigentlich muss die AfD kaum etwas machen: Die Zustimmung fliegt ihr zu. Die Zeit der offenen Machtkämpfe scheint vorbei zu sein. Das rechtsextreme Lager hat sich überwiegend durchgesetzt – und arbeitet daran, die Partei zu professionalisieren. Wir analysieren den Stand der Dinge zur Halbzeit der Legislaturperiode.

 

Die Lage

Gerade läuft’s halt für die AfD. Sie hat ein gutes Jahr hinter sich – was im vergangenen Sommer wohl noch niemand ahnte. Der Parteitag, der damals in Riesa stattfand, musste vorzeitig beendet werden, so erbittert hatte die Partei über ihre Europapolitik gestritten. Doch ein Jahr später steht die AfD geschlossen und harmonisch da. Beflügelt wird die Einigkeit von den glänzenden Umfragen, teilweise liegt die AfD bei über 20 Prozent. Die Partei zeigt sich geschlossener denn je, durchgesetzt haben sich die Rechtsextremen. Sie waren es, die bei der Abstimmung über die Kandidaten für die Europawahl die ersten Listenplätze bestimmten. Sie sind es auch, die die Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla tragen. Wenn Konflikte und Rivalitäten ausgetragen werden, dann nicht auf offener Bühne. Solange die Partei erfolgreich ist, hat sie keinen Anlass, ihren Kurs zu ändern.

Das Problem

Von einer „Resterampe“ sprach einer der Delegierten in Magdeburg, als die AfD auf dem Parteitag ihr Bundesschiedsgericht neu besetzte und es immer schwerer wurde, jemanden für die Ersatzposten zu finden. Das ist das größte Problem der Partei: Ihr fehlt das Personal. Dass deshalb auch wenig erfahrene Leute immer wieder in wichtigen Positionen landen, führt dazu, dass die AfD bis heute schlecht organisiert ist. Und dann ist da noch ein Problem: die Sache mit dem Verfassungsschutz. Seit 2021 betrachtet er die AfD als Verdachtsfall, demnächst könnte er sie möglicherweise als gesichert rechtsextrem einstufen. Dagegen wehrt sich die AfD vor Gericht. Trotzdem sorgt sich die Partei inzwischen weniger um den Verfassungsschutz als noch vor einigen Jahren. Denn die zunehmende Radikalisierung hat ihr offenbar nicht geschadet – im Gegenteil.

Die Strategie

Zurücklehnen und entspannen, das würde gerade fast schon als Strategie reichen – denn die Werbung für sie übernehmen andere. CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnete seine eigene Partei als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ – was man bei der AfD amüsiert zur Kenntnis nahm. „Wir sind das Original, liebe Freunde!“, rief Chrupalla in Magdeburg in den Saal, die Delegierten lachten. Trotz ihrer guten Lage weiß die Partei um ihre Probleme – vor allem um das mit dem Personal. Gerade sieht es so aus, als würden sich einige AfD-Funktionäre darum bemühen, der Partei ein neues Gesicht zu geben. Sie bemühen sich um Professionalisierung, treffen Absprachen im Hintergrund, um Chaos auf der Bühne zu vermeiden. Ihr Ziel: die Partei regierungsfähig machen – mit einem offen rechten Kurs.

Auf- und Absteiger

Zum Spitzenkandidaten für die Europawahl hat die AfD Maximilian Krah gemacht, den neuen Aufsteiger der Partei. Er verkörpert den neuen Typ in der AfD: bürgerliches Auftreten, professionell, aber offen rechts. Als Krah sich in Magdeburg um den ersten Listenplatz bewarb, schwärmte er von der Rede, die der bulgarische Rechtsextreme Kostadin Kostadinow am Tag zuvor auf dem Parteitag gehalten hatte. Kostadinow hatte sich voller Begeisterung an die Zeiten erinnert, in denen Deutschland und Bulgarien verbündet gewesen waren – das war im Ersten und im Zweiten Weltkrieg –, und verkündet, Deutschland müsse seine Rolle als Großmacht wieder einnehmen, „und zwar nicht nur Europa!“ Von diesem Kollegen, das sagte Krah, könne man sich etwas abschauen. Abgestiegen sind hingegen all jene, die zum letzten Rest des bürgerlich-liberalen Lagers in der AfD gehören. Viele haben die Partei schon verlassen.

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