Patrick Zieker vom TVB Stuttgart „Im Abstiegskampf gab’s schon die verrücktesten Aufholjagden“

TVB-Kapitän Patrick Zieker jubelt – zuletzt holte er mit seinem Team 5:1 Punkte. Foto: Baumann/Alexander Keppler

Beim TVB Stuttgart hat der Trainerwechsel für Impulse gesorgt, beim Gegner HSG Wetzlar ging der Schuss dagegen nach hinten los. TVB-Kapitän Patrick Zieker schätzt die Lage im Tabellenkeller ein und spricht auch über seine persönlichen Ziele.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Mit zuletzt 5:1 Punkten hintereinander hat der TVB Stuttgart (15:31 Punkte) in der Handball-Bundesliga die Weichen Richtung Klassenverbleib gestellt. Kann überhaupt noch etwas schiefgehen? Lässt sich jetzt befreiter aufspielen? Kapitän Patrick Zieker (29) äußert sich vor dem Heimspiel am kommenden Sonntag (16.05 Uhr/Porsche-Arena) gegen die HSG Wetzlar (9:37 Punkte).

 

Herr Zieker, nach 5:1 Punkten in Serie ist der ganz große Druck im Kampf gegen den Abstieg weg – oder?

Es ist vor jedem Spiel etwas Druck da, weil wir jedes Spiel gewinnen wollen, besonders gegen die direkten Konkurrenten. Aber natürlich spielt es sich leichter und befreiter, wenn man im Tabellenkeller ein gewisses Polster hat. Das gibt schon Sicherheit und Selbstvertrauen.

Mit einem Sieg gegen die HSG Wetzlar könnten Sie endgültig einen Knopf dranmachen in Sachen Klassenverbleib?

Wir hätten dann acht Punkte Vorsprung auf die HSG und mindestens neun auf GWD Minden. Dann würde es wirklich sehr gut aussehen für uns, aber die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass man vorsichtig sein muss in dieser Liga. Da gab es im Abstiegskampf schon die verrücktesten Aufholjagden.

Warum hängt der Vorjahres-Siebte Wetzlar so tief unten drin?

Wenn man vor der Saison andere Ziele definiert und dann in so eine Negativspirale gerät, ist es schwer, den Schalter wieder umzulegen, da das Selbstvertrauen und das Selbstverständnis darunter leiden. Dennoch hat Wetzlar genug Qualität im Kader, das Ruder von jetzt auf gleich rumzureißen. Davor müssen wir gewarnt sein.

Was nichts daran ändert, dass es unter dem neuen Trainer Hrvoje Horvat in neun Bundesliga-Spielen neun Niederlagen setzte. Wie erklären Sie sich das?

Das ist für mich aus der Ferne schwer zu beurteilen, und es steht mir auch nicht zu. Ich kann nur sagen, dass der gewünschte Erfolg nach dem Trainerwechsel bisher ausblieb. Doch ein angeschlagener Boxer ist immer gefährlich. Das krasse Gegenbeispiel ist der SC DHfK Leipzig. Da spielt die Mannschaft seit dem Wechsel von André Haber zu Runar Sigtryggsson alles in Grund und Boden.

Parallelen zum Fußball

Auch Frisch Auf Göppingen hat in dieser Saison bereits den Coach gewechselt, genauso wie der TVB Stuttgart. Zufall?

Trainerwechsel im Handball passieren mittlerweile schneller und häufiger, als es noch vor Jahren der Fall war. Da gibt es inzwischen Parallelen zum Fußball. Die Vereine versuchen früher, einen neuen Impuls zu setzen, um die gesteckten Ziele nicht zu gefährden.

Was könnte der Grund sein?

Mit Sicherheit ist der Erfolgsdruck der Vereine höher als früher, da inzwischen auch die wirtschaftlichen Mittel andere sind. Bleibt der gewünschte Erfolg aus und man kommt in diese angesprochene Negativspirale, hilft es häufig, einen neuen Impuls durch einen Trainerwechsel zu setzen. Um auch im Kopf von den alten Dingen loszulassen. Aber das klappt nicht immer. Man muss ja auch ehrlich sagen, dass nicht immer der Trainer schuld ist. Da können wir Spieler uns nicht immer freisprechen. Nur lässt sich ein Trainer eben schneller austauschen als eine gesamte Mannschaft.

Werden Sie als Kapitän eigentlich gefragt, wenn es darum geht, ob mit Michael Schweikardt über die Saison weitergemacht werden soll?

(Lacht) Also ich bin da sicherlich nicht die entscheidende Instanz. Ich kann nur die jetzige Situation bewerten, und da kann ich sagen, dass Micha einen guten Job macht. Er hat frischen Wind reingebracht, bereitet uns gut vor, nimmt uns mit in die Verantwortung, lässt uns aber auch Freiraum, um eigene Ideen mit einzubringen. Es passt sportlich, aber auch auf menschlicher Ebene sehr gut.

Sie haben 17 Länderspiele absolviert, spielten zuletzt im Nationalteam aber keine Rolle mehr. Haben Sie noch Hoffnung auf die Teilnahme an der Heim-EM 2024?

Ich möchte alles reinwerfen für den TVB. Wenn die Leistung stimmt, kommt alles andere von allein. Ich kann das dann nicht beeinflussen. Dass eine Heim-EM ein traumhaftes Erlebnis ist, das muss man, glaube ich, nicht erwähnen.

Zur Person

Karriere
Patrick Zieker wurde am 13. Dezember 1993 in Ludwigsburg geboren. Der Linksaußen spielte in der Jugend für die HG Steinheim-Kleinbottwar und die SG BBM Bietigheim. 2012 wechselte er zum TBV Lemgo, ehe es ihn 2019 zum TVB Stuttgart zog. Dort hat er einen Vertrag bis 2025. In 17 Länderspielen erzielte er 32 Tore.

Persönliches
Zieker ist verheiratet und hat die Söhne Theo (4) und Matti (2). Seine Hobbys sind Hunde und Kochen. (jüf)

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