Wer ein persönliches Anliegen hat, kann den Petitionsausschuss des Landtags anrufen. Das tun immer mehr Bürger. Sie ärgern sich über Bautätigkeiten im Nachbargarten oder verlangen, dass Südfränkisch zur Minderheitensprache erhoben wird.

Stuttgart - Der Petitionsausschuss des Landtages wird bis zum Ende der Legislaturperiode voraussichtlich 6200 Eingaben erhalten und bearbeitet haben. Das entspricht einer Zunahme um elf Prozent. Darauf wies die Vorsitzende des Gremiums, Beate Böhlen (Grüne), in einem Bericht über die   Arbeit des Ausschusses vor dem Landtagsplenum in Stuttgart hin.

 

„Gut 20 Prozent der Eingaben waren auch in diesem Berichtszeitraum wieder erfolgreich“, sagte Böhlen. Damit ist gemeint, dass einem Anliegen ganz oder teilweise entsprochen wurde, dass ein Kompromiss gefunden oder eine zufriedenstellende Auskunft gegeben werden konnte.

Überwogen hätten wieder Einzelanliegen, etwa Klagen wegen einer nicht erteilten Baugenehmigung oder wegen Streitigkeiten über nachbarschaftliche Bautätigkeiten. Schwierigkeiten mit der Sozialbehörde hätten ebenfalls einen breiten Raum eingenommen ebenso wie nicht anerkannte Aufwendungen in der Steuererklärung.

Viele Eingaben zum Ausländerrecht

„Auch im Ausländerrecht, das wieder an Position drei der Statistik rangiert, sind es in der Regel Einzelschicksale, die an den Ausschuss herangetragen wurden“, sagte Böhlen. Viele Petitionen beträfen das sogenannte Dublin-Verfahren: Dieses greift, wenn ein Asylbewerber nicht direkt nach Deutschland gekommen, sondern über ein anderes EU-Land eingereist ist, aber sein Asylverfahren in Deutschland bearbeitet haben will.

Dabei gebietet die Rechtslage, dass der Betreffende wieder in jenen Staat überführt werden muss, in dem er als Erstes in der EU angekommen ist. Den Eingebenden kann auch keine befriedigende Antwort gegeben werden, denn die Bundesländer sind für solche Problemstellungen gar nicht mehr zuständig. „Der Petitionsausschuss kann sich deshalb mit diesen Petitionen – zu meinem Bedauern – nicht mehr befassen“, so Böhlen.

Auch die von der Landesregierung aufgebrachten Bildungspläne verursachten eine Welle von Petitionen. Unabhängig davon, wie man zu dem Anliegen steht, sei es ein gutes Zeichen, wenn sich Bürger für gesellschaftliche Belange einsetzten, so die Ausschussvorsitzende. Mit solchen Eingaben erreichten die Menschen, dass sich das Parlament mit einem Thema befassen müsse. So könne politische Beteiligung außerhalb von Wahlen aussehen.

Südfränkisch zur Minderheitensprache erheben

Die Palette der Eingaben „ist wirklich sehr vielfältig“, sagte Böhlen. So sei zum Beispiel gefordert worden, die Regionalsprachen Alemannisch, Schwäbisch und Südfränkisch als offizielle Minderheitensprachen in die Landesverfassung aufzunehmen. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Sprachen an den Schulen gelehrt werden. Auch sei darum gebeten worden, „das geliebte Haustier im Familiengrab mitbestatten zu können“.

Von allgemeinem Interesse sei die Petition von Mountainbikern gewesen, die sich an der Zwei-Meter-Regelung im Waldgesetz störten. Diese besagt, dass Mountainbiken im Wald nur auf solch breiten Wegen erlaubt ist, um Konflikte zwischen Radfahrern und Wanderern zu vermeiden. Dazu habe das Gremium die Petenten und weitere neun Sachverständige öffentlich angehört. „Ich rege an, dass der Ausschuss vermehrt von diesem Instrumentarium Gebrauch machen sollte“, sagte Böhlen.

Für eine Petition bedürfe es keiner Quoren oder Zeichnungsfristen, erklärte die Vorsitzende. Eine schriftliche Eingabe mit einer einzigen Unterschrift reiche aus. Um eine Petition einzureichen, könne auch das Online-Formular des Landtages genutzt werden. Das hätten in dieser Wahlperiode mehr als 750 Petenten getan.