Wegen ihrer unkritischen Haltung zu Russland muss die AfD im Bundestag und im Europäischen Parlament oft Fragen beantworten. Nun steht die Frage im Raum: Ist da womöglich auch Geld im Spiel?

In der Affäre um prorussische Desinformation bestreitet der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, Zahlungen von der Internetplattform „Voice of Europe“ (VoE) oder von Russen erhalten zu haben. „Zu keinem Zeitpunkt habe ich von einem Mitarbeiter von VoE (oder irgendeinem Russen) Geldzahlungen oder Kryptowährungen bekommen“, schrieb er in einer Stellungnahme an die Parteispitze, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In dem prorussischen Netzwerk spielt allerdings auch ein ukrainischer Staatsangehöriger eine Rolle. Der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS plant seinerseits vorerst nicht, etwaige Audioaufnahmen zu dem Fall an die Öffentlichkeit zu bringen. „Allgemein gilt, dass es sich um Geheimdienstmaterial handeln würde, das wir nicht veröffentlichen“, teilte ein Sprecher am Donnerstag in Prag auf Anfrage mit. 

 

Die tschechische Zeitung „Denik N“ hatte zuvor berichtet, Bystron stehe im Verdacht, mit der prorussischen Internetplattform „Voice of Europe“ in Kontakt gestanden zu haben, die das Prager Kabinett jüngst auf die nationale Sanktionsliste gesetzt hatte. Möglicherweise habe er auch Geld entgegengenommen. Auf der Kabinettssitzung soll Bystrons Name gefallen sein, wie die Zeitung unter Berufung auf mehrere Minister berichtete. Ein nicht genanntes Regierungsmitglied sagte demnach unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS mit Bezug auf Bystron: „Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen.“

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten am Mittwoch eine schriftliche Erklärung Bystrons bis spätestens diesen Donnerstag einfordern lassen. Nach Angaben eines Parteisprechers ging sie am Donnerstagmittag ein. In den kommenden Tagen würden sich der Partei- und der Fraktionsvorstand darüber austauschen, teilte er weiter mit. Nach bisherigem Stand wollten Weidel und Chrupalla am Montag persönlich mit Bystron sprechen.

Bystron, der für die Europawahl am 9. Juni auf Platz zwei der AfD-Liste kandidiert, schrieb von einer „Diffamierungskampagne gegen Politiker von sechs europäischen Parteien – darunter auch mich“. So werde versucht, ein starkes Abschneiden rechtspopulistischer Parteien in Europa sowie die Bildung einer starken Fraktion im Europaparlament zu verhindern. „Ich habe bereits Kontakt mit Anwälten sowohl in Deutschland wie in Tschechien aufgenommen, um gegen diese Verleumdung vorzugehen.“

Der tschechische BIS-Sprecher sagte, es sei unter Geheimdiensten nicht üblich, derartiges Material anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. Die Kollegen eines deutschen Nachrichtendienstes hätten davon abgesehen „vergleichsweise umfangreiche Informationen“ zu dem Fall erhalten. „Es liegt dann an ihnen oder den staatlichen Organen, wie man gegenüber der Öffentlichkeit auftritt.“ Weitere Einzelheiten wollte er nicht bekannt geben, weil es sich nach seinen Angaben um einen aktiven Fall handelt, an dem mehrere europäische Geheimdienste arbeiten.

Bystron wurde in der damaligen Tschechoslowakei geboren

Bystron wurde in der damaligen Tschechoslowakei geboren. Als Jugendlicher emigrierte er mit seinen Eltern nach Deutschland.

Außenministerin Annalena Baerbock sieht die Affäre im Zusammenhang mit der hybriden Kriegsführung von Kremlchef Wladimir Putin. Das Vorgehen ziele darauf ab, Demokratien in Europa von innen auszuhöhlen und zu untergraben, sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Nato-Außenministertreffens in Brüssel.

Der AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Maximilian Krah, sagte der „Welt“ vor dem Eingang von Bystrons Stellungnahme: „Petr Bystron sollte bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe keine Wahlkampfauftritte absolvieren.“ In der Partei zeigten sich einige erstaunt über diesen Vorschlag. Krah ergänzte auf Anfrage, er habe Bystron geraten, „sich auf die Aufklärung zu konzentrieren und dazu auf öffentliche Auftritte zu verzichten“. 

Neben Bystron hatte sich auch Krah von „Voice of Europe“ interviewen lassen, nach eigener Aussage einmal in Prag im September und ein zweites Mal im Januar in Brüssel. Krah betonte, in seinem Fall behaupte jedoch nicht einmal der tschechische Geheimdienst, er habe Geld angenommen. 

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums hatte vergangene Woche bestätigt, dass länderübergreifende Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden „eine russische Einflussoperation gegen das Europäische Parlament aufgedeckt“ habe. Das Netzwerk um den mit tschechischen Sanktionen belegten ukrainischen Staatsangehörigen Artjom Machewskyj übe „im Auftrag Russlands illegitimen Einfluss auf das Europäische Parlament aus. Dazu benutzt es Politikerinnen und Politiker aus mehreren europäischen Ländern und stellt erhebliche Geldmittel zur Verfügung.“

Machewskyj habe er vor dem ersten Interview getroffen, sagte Krah. Auf die Frage, ob ihm damals bekannt gewesen sei, dass dieser im Verdacht stehe, ein russischer Einflussagent zu sein, antwortete er mit „Nein“.