Hemmingen hat einen ganzen Platz nach Ilse Entenmann benannt. Die Fläche ist nun fertig und soll die Bürger zum Verweilen einladen. Das Geld, das die gebürtige Hemmingerin ihrem Wohnort vermachte, hinterlässt bis heute Spuren.

Hemmingen - Würde Ilse Entenmann heutzutage ihren Führerschein zücken, es würde wohl jeder gleichgültig mit den Achseln zucken. Anders reagierten die Menschen, als die gebürtige Hemmingerin – geboren am 22. Oktober 1919 als einzige Tochter des Schmiedemeisters Paul Entenmann – als junge Frau das Autofahren lernte. Zumal Hemmingen damals noch sehr ländlich war. Dank des Führerscheins aber konnte Ilse Entenmann mit ihrem Vater regelmäßig nach Ludwigsburg auf den Wochenmarkt fahren, um Obst aus eigenem Anbau zu verkaufen und Waren für die Schmiede einzukaufen.

 

Eine fortschrittliche Persönlichkeit

„Dieser Umstand war sicher sehr ungewöhnlich. Für die damalige Zeit war Ilse Entenmann überhaupt sehr fortschrittlich, um nicht zu sagen: ihrer Zeit weit voraus“, meint der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU): So ließ sie sich im kaufmännischen, hauswirtschaftlichen und pflegerischen Bereich ausbilden und arbeitete im Charlottenhaus Stuttgart als Säuglingsschwester. Später leitete sie die Kreissparkasse des früheren Altkreises Leonberg. Die Stelle gab sie auf, weil sie sich um ihre pflegebedürftige Mutter kümmerte.

Dieses Jahr wäre Ilse Entenmann, die an der heutigen Hauptstraße 11 aufwuchs und kinderlos blieb, 100 Jahre alt geworden. Doch nicht nur deshalb benennt die Gemeinde gleich einen ganzen Platz am Ende der Eisenbahnstraße in Richtung Neubaugebiet Hälde nach ihr. „Wir wollen sichtbar ihrer und besonders ihrer Großzügigkeit zu Lebzeiten wie nach ihrem Tod gedenken“, sagt Thomas Schäfer. Es sei „nicht selbstverständlich“, dass eine Bürgerin im Testament ihren Wohnort finanziell bedenkt. Schon vor einigen Jahren hatte die CDU-Fraktion angeregt, das Andenken von Ilse Entenmann zu würdigen.

Erbschaft überraschte die Gemeinde

Groß war die Überraschung, als sich herausstellte, dass die evangelische Kirchengemeinde aus dem Nachlass 200 000 Mark erhält. Von dem Geld wurde die „Laurentius-Stiftung“ gegründet. Sie will Kindern und Jugendlichen den christlichen Glauben vermitteln. Ilse Entenmann selbst war eine gläubige Christin. Dass es auf dem Friedhof keine Totenglocke gab, habe sie immer bedauert. Also spendete sie eine.

Die bürgerliche Gemeinde bekam nach Ilse Entenmanns Tod im November 1999 immerhin 50 000 Mark. „Die Erträge aus diesem Vermächtnis werden noch heute zur Förderung der Altenarbeit eingesetzt“, sagt der Bürgermeister: Zum Beispiel würden damit Veranstaltungen wie Seniorennachmittage finanziert. Außerdem vermachte Ilse Entenmann der Gemeinde zwei Ackerflächen mit gut 1000 Quadratmetern in der Eisenbahnstraße. Dort entstehen zurzeit drei Wohnhäuser.

„Gemütlicher Ort zum Verweilen“

In die Grünfläche unmittelbar daneben – die jetzt Ilse-Entenmann-Platz heißt – investierte die Gemeinde rund 10 000 Euro. Das Areal am freien Feld geplant und gestaltet haben Mitarbeiter des Bauhofs. Ein „gemütlicher Ort zum Verweilen“ soll der Platz sein. Auf Sandsteinen und einer runden Bank können sich die Hemminger ausruhen. „Bis der Platz angenommen wird, dauert es eine Weile. Es muss erst noch wärmer werden“, sagt Thomas Schäfer.

Schatten spenden im Sommer neben einem Ahornbaum viele Äpfelbäume mit alten, fast ausgestorbenen Sorten. Einen solchen Baum pflanzte der „Ortspomologe“ der Gemeinde, Matthias Braun, bei der Einweihung in Form eines „Kleinen Fleiner“. Im Christentum komme dem Apfel des Sündenfalls von Adam und Eva als Symbol für die Hoffnung auf Erlösung eine wichtige Rolle zu, sagt Schäfer mit Blick auf die gläubige Ilse Entenmann.

Herstellung eines „Hemminer Calvados“

Gleichwohl will die Kommune auf die Bedeutung von Streuobstwiesen und alten Apfelsorten aufmerksam machen. Dafür gibt es im Ort schon viele Ideen: Zum Beispiel, einen „Hemminger Calvados“ herzustellen. Die Bäume ernten schon immer Hemminger Schüler ab. Obst, das künftig auf dem Ilse-Entenmann-Platz am Boden liegt, dürfe aber jedermann auflesen, sagt der Bürgermeister.