Während eine Stadträtin eine Debatte über neue Beteiligungsformen der Jugendlichen anregt, wünschen Jugendräte mehr Offenheit der Schulen. Bürgermeisterin Fezer will die Schulleitungen sensibilisieren.

Stuttgart - Im Januar 2020 soll in Stuttgart wieder ein neuer Jugendrat gewählt werden – zum 13. Mal. Und es ist auch unstrittig, dass die Stadt für die laufende Arbeit der Jugendbeteiligungsformen knapp 90 000 Euro im Jahr bereitstellt. Aber ist diese Form der Jugendbeteiligung noch zeitgemäß? Oder müsste sie verändert werden? Das gab die SPD-Stadträtin Judith Vowinkel im Jugendhilfeausschuss zu bedenken – und als Diskussionstipp an den Vertreter des Jugendrats, Marcel Alf.

 

Der 17-jährige Abiturient aus Feuerbach ist seit anderthalb Jahren Mitglied im Jugendrat und seit drei Monaten auch dessen Vertreter im Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats. Alf erklärte, er werde diese Anregung gern in den Jugendrat einspeisen und zur Diskussion stellen. Besonders wichtig sei ihm allerdings, „dass wir an den Schulen mehr für uns werben dürfen“. Denn die Bereitschaft der jungen Leute, sich für ein Mandat im Jugendrat zu bewerben, stehe und falle damit, wie zugänglich die Schulen für dieses Thema seien.

Das bestätigte auch der Jugendratskoordinator Roland Kelm: „Der Knackpunkt ist die Zusammenarbeit mit den Schulen.“ Alf erklärte, es sei eben ein Unterschied, ob die Jugendräte eine Doppelstunde lang über ihre Arbeit und ihre Erfolge mit den Schülern sprechen dürften oder nur zehn Minuten – oder gar nicht. Das spiegle sich dann direkt in der Zahl der Bewerber wider. „Viele Lehrer haben keine Ahnung, was der Jugendrat ist und wofür er steht – selbst Gemeinschaftskundelehrer“, bedauert Alf. So hätten zwei Neuntklässler und Jugendräte im Unterricht eine Abfuhr kassiert, als es darum ging, Beispiele zu nennen, bei denen Politik den Alltag berühre, und sie den Jugendrat nannten. Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) kündigte an, sie werde darüber mit den Schulleitungen reden.

Stadträtin Ripsam zeigt sich überrascht über Erfolg von Whatsapp und Instagram

Erstaunt zeigte sich CDU-Stadträtin Iris Ripsam über die große Wirkung von Online-Plattformen bei den Bewerbern. „Die Anmeldung hat enorm gut über Whatsapp funktioniert“, bestätigt Alf. 151 Bewerber, also 41,1 Prozent, hatten diesen Weg bei der vergangenen Jugendratswahl vor anderthalb Jahren genutzt. Auch Instagram kam gut an. Der erste Impuls aber, sich mit dem Jugendrat zusammenzusetzen, komme eben über die Schule, so Alf. Den größten Erfolg habe der Jugendrat gehabt, als er eine Infoveranstaltung über die Kommunalwahl organisiert habe und diese im Rahmen des Pflichtunterrichts stattfand, in diesem Fall in der Feuerbacher Festhalle. „Da kamen 500 Leute“, so Alf.

„Es ist wichtig, dass der Jugendrat fortbesteht“, findet der 17-Jährige. Auch wegen der Kontakte und Vernetzungen. In 18 Stadtbezirken und allen fünf Innenstadtbezirken gelang dies beim vergangenen Mal. In fünf Stadtbezirken nicht: In Plieningen, Birkach und Vaihingen sind stattdessen Projektgruppen entstanden, in Münster und Stammheim kam keine Beteiligung zustande. Doch Alf hat den Eindruck, dass insgesamt das Interesse der Jugendlichen an Politik steige. Er selber will mit gutem Beispiel vorangehen: „Ich werde noch mal kandidieren.“