Porsche-Hauptversammlung Aktionäre setzen Porsche hohe Messlatte
Die Porsche AG ist wieder an der Börse, und erstmals treffen sich ihre Aktionäre zur Hauptversammlung. Sie bringen nicht nur Lob für den neuen Konzernchef Oliver Blume mit.
Die Porsche AG ist wieder an der Börse, und erstmals treffen sich ihre Aktionäre zur Hauptversammlung. Sie bringen nicht nur Lob für den neuen Konzernchef Oliver Blume mit.
Als Porsche-Chef Oliver Blume gerade dazu ansetzt, über die gestiegene Rendite des Unternehmens zu sprechen, wird er von einer Aktivistin unterbrochen. Sie ruft „dreckige Dividende“ in die Porsche-Arena und hält ein Transparent „Nazi-Erbe enteignen“ in die Luft. Lange dauert die Störung allerdings nicht an. Ein Sicherheitsmann trägt die Frau aus dem Saal, und Blume fährt ungerührt fort: „Die operative Konzernumsatzrendite konnten wir von 16 auf 18 Prozent erhöhen.“
Seit Herbst ist die Porsche AG wieder an der Börse, und erstmals lud sie ihre Aktionäre nun wieder zur Hauptversammlung, nachdem sie im Zuge der Übernahme durch VW vom Kurszettel verschwunden war. 12,5 Prozent der Anteile sind in Form stimmrechtsloser Vorzugsaktien an freie Aktionäre gegangen, ein weiteres Paket von 12,5 Prozent Stammaktien sicherte sich die VW-Muttergesellschaft Porsche SE, die ihrerseits von den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch dominiert ist.
Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng, nachdem bei der VW-Hauptversammlung im Mai Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche mit einer Torte beworfen worden war, die ihn knapp verfehlte. Bei der Porsche-Versammlung in Stuttgart, die von ihm geleitet wird, sind Rucksäcke tabu und müssen abgegeben werden. Selbst Schlüsselbeutel werden kontrolliert – es könnten sich ja statt Schlüsseln Farbpatronen darin verbergen.
Von den 170 000 Porsche-Aktionären hat die Hälfte gerade mal 40 oder weniger Aktien. Wer das Papier gleich beim Börsengang gekauft hat, kann sehr zufrieden sein – seit Herbst ist der Wert um ein Drittel gestiegen. Entsprechend freundlich ist der Empfang für Blume.
Die Zahlen, auf die der VW- und Porsche-Chef verweist, geben wenig Anlass zu der Vermutung, das seine Doppelfunktion Schaden anrichtet. Im Gegenteil: Im bisherigen Verlauf dieses Jahres haben sich die guten Zahlen weiter verbessert, und die Rendite bewegte sich mit 18,2 Prozent ein weiteres Stück in Richtung der langfristig angestrebten 20 Prozent.
Gleichwohl zieht sich die Kritik an Blumes Doppelfunktion wie ein roter Faden durch die Beiträge der Aktionärsvertreter. Die Belastung sei zu hoch, Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen, heißt es immer wieder.
Schließlich seien die Interessen der Tochter Porsche nicht automatisch deckungsgleich mit denen der Konzernmutter. Und als Konzernchef müsse Blume auch einmal zwischen den Konzernmarken schlichten, was schwierig sei, wenn er eine davon selbst führe. „Auch für Sie hat der Tag nur 24 Stunden“, sagt Ingo Speich, der die Deka, die Fondsgesellschaft der Sparkassen, vertritt. Diese Zeit reiche nicht aus, um zwei Dax-Konzerne erfolgreich zu führen. „Ihr VW-Vorgänger hatte schon mit einem Konzern die enormen Herausforderungen nicht meistern können. Gefährden Sie Porsche nicht!“
Blume entgegnet, was gut sei für Porsche, sei in aller Regel auch gut für Volkswagen – und umgekehrt. Und wenn es ausnahmsweise einmal Interessenkonflikte gebe, habe man Frühwarnsysteme eingerichtet, um damit umzugehen.
Speich legt den Finger noch in eine andere Wunde: Die Tatsache, dass freie Aktionäre beim Börsengang ausschließlich stimmrechtslose Vorzugsaktien bekommen hätten, sei die VW-Aktionäre teuer zu stehen gekommen. Das fehlende Mitspracherecht freier Aktionäre habe das Vertrauen in die Aktie und damit auch den Gegenwert, den VW für den Verkauf des Pakets erhielt, beeinträchtigt. „Der Börsengang von Porsche war bewertungstechnisches Gift für die Volkswagen-Aktie und damit für die große Mehrheit der Aktionäre“, rief Speich in den Saal. Stammaktien dem breiten Kapitalmarkt vorzuenthalten führe in die Sackgasse. Eine Berücksichtigung der freien Aktionäre bei der Zuteilung der Stammaktien hätte den Börsenwert von Porsche und Volkswagen deutlich angehoben, so Speich – „und das nicht für einige wenige, sondern für alle Anteilseigner gleichermaßen“. Es zeige sich: „Echte Wertsteigerung über alle Aktionäre verteilt kann mit einem solch fragwürdigen Vorgehen nicht gelingen.“
Auch bei der von Blume verfolgten Luxusstrategie bremste Speich die Euphorie. So sei Ferrari seit dem Börsengang mit einer Wertsteigerung von 42 Prozent Porsche davongefahren. Porsche habe pro verkauftes Auto einen Börsenwert von 335 000 Euro, Ferrari von 4,2 Millionen. Man vertraue grundsätzlich Blumes Vorgehen – doch an der Börse lägen „Welten zwischen der Luxusbranche und Porsche“, sagt Speich. „Vereinen Sie diese Welten.“