Auf Präsidentensuche: die Kandidaten der Personalberatung wie der Bietigheimer OB Jürgen Kessing überzeugen den VfB-Aufsichtsrat nicht. Die Entscheidung fällt zwischen zwei Wirtschaftsexperten.

Stuttgart - Der Vorstoß des Mannes mit der Mitgliedsnummer 2363 kommt jetzt ein bisschen arg spät. Diese Zahl steht in der Kartei des VfB Stuttgart für Thomas Haas, der am Mittwoch eine Pressekonferenz abhalten wird. Bei dieser Gelegenheit will der Vermögensverwalter verkünden, dass er sich für das auf der Mitgliederversammlung am 22. Juli zu besetzende Präsidentenamt des Vereins bewirbt. Diesen Plan hat er beim VfB auch schon vor längerer Zeit hinterlegt. Haas geht also in die Bütt – mit einem Wahlprogramm.

 

So fordert er mehr Demokratie im Club und eine Einbeziehung der Leute an der Basis in die Kandidatenkür – ein altes Anliegen von ihm, das er schon vor zwei Jahren in einem flammenden Appell vorgetragen hat. Bei der Mitgliederversammlung 2011 wetterte Haas speziell gegen den damaligen Aufsichtsratschef Dieter Hundt – und am 22. Juli dann vielleicht gegen dessen Nachfolger Joachim Schmidt?

Das hilft aber alles nichts. Denn offensichtlich ist bereits passiert, was Haas noch verhindern will. Es steht fest, wer von dem Kontrollgremium als Präsident vorgeschlagen wird – und nur über diesen Weg kann der Bewerber ins Rennen geschickt werden. Es ist nicht der Mann mit Nummer 2363, sondern einer der beiden Wirtschaftskapitäne, die bisher nur ein kleinerer VfB-Kreis kennt. Nach StZ-Informationen haben die anderen Kandidaten der letzten Ausleserunde (Fachjargon: short- list) inzwischen eine Absage erhalten. Haas wurde vom VfB übrigens schon nach dem ersten Check von der long-list gestrichen.

Kessing war ein aussichtsreicher Kandidat

Die schlechte Nachricht an die verbliebenen Bewerber von der short-list hat die noch unter Dieter Hundt in die Suche miteingeschaltete externe Stuttgarter Personalberatung Achim Donner überbracht. Ein Empfänger war der Bietigheimer Oberbürgermeister Jürgen Kessing, der am Freitag von seiner Nichtnominierung erfahren hat, ohne dass es zuvor ein Vorstellungsgespräch mit dem VfB-Aufsichtsrat gegeben hätte.

Dabei war Kessing der aussichtsreichste Kandidat in dem Donner-Kader. Aber an die Spitze der short-list reichte es nicht – so wenig wie für den früheren baden-württembergischen Sozialminister Andreas Renner oder den ehemaligen Stuttgarter City-Manager Hans H. Pfeifer. Der Aufsichtsrat orientierte sich in eine andere Richtung, erst recht nach dem Abgang von Hundt vor acht Tagen. Nachdem sein Rücktritt nicht wie von einigen VfB-Verantwortlichen erwartet dazu führte, dass neue qualifizierte Kandidaten auf die short-list aufgesprungen sind, ist die Liste jetzt komplett geschlossen. Das musste ein Bewerber erfahren, der am Freitag den Hut in den Ring werfen wollte.

Die klare Linie und der zügig vorangetriebene Findungsprozess deuten darauf hin, dass sich der Daimler-Manager Schmidt bereits vor der Amtsniederlegung von Hundt auf diese Situation vorbereitet hat. Er musste nicht erst den Markt sondieren und eine short-list erstellen. Vielmehr startete er auf dieser Liste gleich durch. Die beiden Wirtschaftsexperten, die eine Nähe zur Region und zum VfB (und zu Daimler?) haben sollen, präsentierten sich nur 72 Stunden nach dem Ende der Ära Hundt dem Aufsichtsrat – und hinterließen dabei dem Vernehmen nach einen sehr guten Eindruck.

Momentan wird bei beiden noch die Verfügbarkeit vom 22. Juli an geprüft. Die Verhandlungen mit ihren Arbeitgebern sind kompliziert, da es um die Modalitäten einer sofortigen Vertragsauflösung geht. Welcher Kandidat favorisiert wird, hat der Aufsichtsrat noch nicht abschließend entschieden. Aber Schmidt weiß, dass das Verfahren noch mal beschleunigt werden muss, damit Zeit bleibt für den Wahlkampf. Denn wie die Mitglieder auf einen Wirtschaftspräsidenten in spe reagieren, kann niemand beim VfB vorhersagen.

Deshalb ist Werbung in eigener Sache vor dem 22. Juli wichtig. Wenigstens da hat Haas die Nase vorn. Auf die short-list schafft er es trotzdem nicht mehr.