Wenn die Zeitung in die Schule geht: Die Jugendlichen staunen auch über täglich „zwei Seiten voller kleiner, unlesbarer Zahlen in der Wirtschaft“ und darüber, „dass man die Texte in der Politik gut versteht“. Schüler aus Fellbach und Ditzingen kommentieren die Zeitung: Was hat ihnen gefallen und was weniger während „Zeitung in der Schule“?

Böblingen: Carola Stadtmüller (cas)

Stuttgart - Besonders der schwere Missbrauch an einem neunjährigen Jungen aus Freiburg beschäftigt die Schüler, die in dieser Runde bei „Zeitung in der Schule“ mitgemacht haben. Stella aus dem Fellbacher Gustav-Stresemann-Gymnasium schreibt etwa auf der Themenwand, auf der die Schüler drei Wochen lang ihre „Artikel der Woche“ gesammelt haben: „Es ist sehr traurig, dass es so lange gebraucht hat, bis das rauskam und der Junge in seinem jungen Alter schon so was durchmachen musste.“ Die Fellbacher Jugendlichen schockt auch die Nähe zu ihrem Leben: „Dass so was Krasses quasi bei uns vorkommt, hätte ich nicht gedacht“, sagt Alissa Kolosov beim Redakteursbesuch in der Klasse 9d.

 

Interessante Berichte, die man nicht erwartet habe

Zeitunglesen, ja, das ist interessant, so der Tenor. Und die Zeitungsmacher dürfen überrascht sein von den Meinungen der jungen Leser im Projekt „Zeitung in der Schule“ der StZ, bei dem jedes Jahr mehr als 7000 Schüler mitmachen. Erstmals fragen wir die Schüler nämlich ganz konkret: Was hat Euch interessiert oder überrascht? Was fandet Ihr weniger gut?

„Ich habe mich gewundert über so viele kleine unlesbare Zahlen auf zwei Seiten“, erklärt Alex Häusler. Nanu? Wo hat denn die StZ kleine Zahlen abgedruckt? „Na ja, er meint die Börse“, wirft ein Banknachbar ein. Die Redakteurin schmunzelt und berichtet vom Versuch anderer Zeitungen, die Börsennachrichten wegzulassen – was seinerzeit zu vielen Beschwerdeanrufen geführt habe.

Andere Themen fasst die Redaktion aber an: Etwa immer wieder zu erinnern an das, was in Deutschland im Dritten Reich passiert ist. „Was Ihr da über diesen 96-jährigen KZ-Aufseher und drum herum geschrieben habt, fand ich einfach spannend. Ich habe sogar noch mehr darüber recherchiert. Das ganze Thema hätte ich ohne Zeitung gar nicht mitbekommen“, erklärt Lucia Munuera Solano von der 9a des Gymnasiums in der Glemsaue in Ditzingen im Skype-Interview, das auch diese Mal trotz nicht vorhandenem WLAN klappt und von der Lehrerin Franziska Zach und den Neuntklässlern begeistert genutzt wird.

Lustige Wörter wie „derlei“ oder „mitunter“

In diese Richtung gingen viele positive Bemerkungen zur StZ: „Sogar die Politiktexte habe ich verstanden“ (Joshua König), und: „Ich fand gut, dass ich auf jeder Seite sofort sehe, was wichtig ist, denn das steht oben und hat ne fette Überschrift.“ (Micha Beeh). Aber die Schüler waren nicht mit allem zufrieden: „Die Sätze sind oft zu lang. Also, ich würde da oft aus einem Satz zwei oder drei machen“, kritisiert Vincent Scheel aus der 9d in Fellbach. Und immer ein Thema für die nicht so ganz geübten jungen Zeitungsleser: „Ich ahne, dass ihr die aus Kostengründen nicht heftet, aber fürs Lesen wäre das schon hilfreich“, meint seine Mitschülerin Maya Rosenblatt.

Die Klasse von Deutsch- und Musiklehrerin Nele Gerhard hat genau hingesehen: Die Redakteure benutzten oft lustige Wörter, die keiner in der Klasse kannte wie „derlei“ oder „mitunter“, so die Schüler. „Aber ich habe sicher meinen Wortschatz erweitert“, sagt Hanns Wieland. Derlei Projekterfolge freuen die Redaktion, und man lernt mitunter aus der Zeitung sogar etwas fürs Leben.