Die Politikertochter Andrea Tandler verdiente mit Coronamasken viel Geld. Dann wurde sie wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Jetzt gibt es eine Verständigung vor Gericht.

Am Ende sagt sie nur noch leise „Ja“ und hofft, dass dies alles nun schnell vorbei ist. Andrea Tandler gesteht vor dem Landgericht München I, dass sie bei ihren Geschäften mit Corona-Schutzmasken letztlich elf Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat. Ja, sie stimmt der nach einem Rechtsgespräch zwischen Gericht und Verteidigung getroffenen Vereinbarung – landläufig als Deal bezeichnet – zu, dass sie dafür ins Gefängnis gehen wird, vier Jahre und drei bis neun Monate. Bei ihrem Partner Darius N. sind es dreieinhalb Jahre.

 

So endet der Traum der Tochter des einstigen hochrangigen CSU-Politikers Gerold Tandler vom schönen Leben mit dem Geldhaufen, in dem man hätte baden können. Er endet im Gerichtssaal B277 des heruntergekommenen Strafjustizzentrums mit 40 orangenen Sitzplätzen, braunem Teppich und dunkelgrünen Türen. Seit Prozessbeginn Anfang Oktober war die 40-Jährige jeden Verhandlungstag in Handschellen in den Raum geführt und mit Handschellen wieder zurückgebracht worden ins Gefängnis München-Stadelheim.

Immens geholfen hatten Tandler ihre CSU-Kontakte.

2020, als die Corona-Pandemie zu einer dramatischen Notlage geführt hatte, sah Andrea Tandler ihre große Chance. Über eine Schweizer Firma organisierte sie die damals millionenfach händeringend gesuchten Schutzmasken und vermittelte sie an verschiedene Bundes- und Landesministerien. Immens geholfen hatten ihr ihre CSU-Kontakte. Der Name Tandler und der Hinweis, wessen Tochter sie ist, öffneten die Türen.

Am Ende strich sie eine märchenhafte Provision von 48 Millionen Euro ein und war damit die allergrößte Corona-Krisengewinnlerin. Doch Andrea Tandler schien damit noch nicht zufrieden gewesen sein. Sie versuchte auch noch – das wurde ihr zum Verhängnis – auf mutmaßlich illegale Weise die Steuern zu drücken. So vermachte die PR-Beraterin ihrem Partner, dem Gastwirt Darius N., die Hälfte des Geldes, ohne Schenkungssteuer zu bezahlen. Er hätte gleichberechtigt und zu gleichen Anteilen mitgearbeitet, so ihre Argumentation. Tatsächlich ergab sich aber vor Gericht, dass er nicht mehr als ein Wasserträger für sie war.

Bizarrer Auftritt vor Untersuchungsausschuss

Erst nach den großen Geschäften verlagerte Andrea Tandler ihren Firmensitz von München nach Grünwald, dem Nobelvorort mit dem niedrigen Gewerbesteuersatz. Von dort aus entrichtete sie weniger als die Hälfte der Steuern im Vergleich zur bayerischen Landeshauptstadt. Die Verhandlung ergab aber, dass sie höchstens 15 Prozent der Geschäfte in dem Zimmer erledigt hatte, das sich 20 verschiedene Mieter teilten – eine Briefkastenfirma zur Steuerhinterziehung.

2022 hatte der Landtag einen Untersuchungsausschuss zu den Masken-Affären abgehalten. Als Top-Zeugin kam Andrea Tandler erst nach dreimaliger Ladung und legte einen bizarren Auftritt hin. Um ihr Gesicht nicht den Fotografen und Kameraleuten zu zeigen, erschien sie mit Maske, großer Sonnenbrille und Baseballmütze. Die Aussage verweigerte sie.

In U-Haft kamen sie und Partner im Januar 2023, das Gericht nahm wegen eines Immobilienbesitzes in der Schweiz Fluchtgefahr an. Sie sitzen also seit bald einem Jahr.

Richterin hat auch Starkoch Schubeck verurteilt

Die Vorsitzende Richterin Andrea Wagner hat auch den Starkoch Alfons Schubeck wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis gebracht. Sie machte Tandler im Laufe des Verfahrens sehr deutlich, dass das Gericht ihren sehr konstruierten Rechtfertigungen keinen Glauben schenkt.

Diese liefen in etwa so: Sie und N. seien gleichberechtigte Partner gewesen, sein Anteil also keine Schenkung. In Grünwald sei sehr wohl gearbeitet worden, man habe nur keine größeren Büroräume gefunden. Schließlich legte sie aber vergangene Woche eine Art Halbgeständnis ab.

Halbgeständnis unter Tränen

Unter Tränen gab Tandler manches zu, am häufigsten verwendete sie den Satzanfang: „Ich habe nun verstanden, dass . . .“ Zuvor muss ihr von ihrer Verteidigerin Sabine Stetter klargemacht worden sein, dass sie ums Gefängnis nicht herumkommt.

Stetter betonte Tandlers schlechten Gesundheitszustand. Dass sie ständig unter Schmerzen leide und sich nur mit starken Medikamenten „über Wasser hält“. Dass ihr eine Operation bevorstehe wegen einer „großen inneren Wunde, die noch nicht heilen konnte“. Die Steuern sind gezahlt, der Schaden beglichen. Die Maskenaffäre darf mit dem an diesem Freitag erwarteten Urteil als aufgearbeitet gelten.

Ex-CSU-Politiker in der Kritik

Vermittler
 Neben Andrea Tandler waren 2020 auch die beiden damaligen CSU-Landtags- und Bundestagsabgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein wegen Maskengeschäften in die Kritik geraten. Beide stammen aus dem Landkreis Günzburg. Sauter hatte für Vermittlungen 1,2 Millionen Euro erhalten, Nüßlein 660 000 und weitere 540 000 Euro waren in Aussicht gestellt.

Gesetze
Beide Männer schieden aus der Politik aus. Der Bundesgerichtshof bescheinigte ihnen, nicht bestechlich gewesen zu sein, kritisierte aber die laxen Korruptionsgesetze des Bundes.