Ein 18-jähriger Syrer soll einer Mitbewohnerin 400 Euro aus dem Geldbeutel gestohlen haben. Da ihn aber keiner dabei gesehen hatte, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.

Leonberg - Mit einem Diebstahl unter Asylbewerbern in Renningen hat sich das Amtsgericht Leonberg befasst. Ein 18-jähriger Syrer war angeklagt, im August vergangenen Jahres einer Frau aus deren Geldbeutel in der Handtasche 400 Euro entwendet zu haben. In Verdacht war der 18-Jährige geraten, weil er für wenige Minuten allein in der Gemeinschaftsküche der Flüchtlingsunterkunft gewesen war und die Handtasche des Opfers unbeaufsichtigt an einer Stuhllehne hing.

 

Diesen Vorwurf wies der junge Angeklagte weit von sich. Er räumte ein, etwa fünf Minuten allein in der Küche gewesen zu sein, weil er etwas getrunken und sich etwas zu essen gemacht habe. „Die zwei Frauen, die vorher da waren, haben die Küche verlassen, als ich kam, da sie ihre Kopftücher abgelegt hatten“, erzählte er. Es seien jedoch auch mehrere andere Erwachsene und Kinder an diesem Vormittag in der Küche gewesen. Häufig verlasse auch er die Küche, wenn die Frauen ohne Kopftuch sich dort treffen und reden wollten.

Als er auf dem Weg ins Schwimmbad gewesen sei, habe er einen Anruf vom Sohn des Opfers erhalten, er solle in die Unterkunft zurückkommen und das Geld mitbringen. „Die Frau hat wohl ziemlich Stress gemacht, aber ich hatte keine Lust auf Stress“, erklärte er sein Fernbleiben.

Auf einmal waren es nur noch 300 Euro

Die bestohlene Frau berichtete im Zeugenstand, sie habe 850 Euro bei der Bank abgehoben und sei dann beim Zahnarzt und beim Einkaufen gewesen. Dabei habe sie insgesamt 150 Euro ausgegeben. Als sie ihre Handtasche in der Küche über einen Stuhl gehängt habe, seien noch 700 Euro in ihrem Portemonnaie gewesen. Dann sei sie mit ihrer Schwägerin aus der Küche gegangen, als der Angeklagte kam, da sie beide keine Kopftücher getragen hätten. Als sie nach ein paar Minuten wiedergekommen seien, hätte sie nur noch 300 Euro in ihrem Geldbeutel gefunden.

„Wir haben schon früher mit dem Angeklagten immer wieder Probleme gehabt. Wegen 20 Euro wollte ich kein Drama machen, aber 400 Euro ist zu viel“, sagte die 44-jährige Frau. Sie habe den Mann zur Rede stellen wollen, doch er sei abgehauen. Dann habe sie gesehen, wie er etwas aus einem Fenster geworfen habe und vom Balkon gesprungen sei. Gesehen habe sie nicht, dass der Angeklagte das Geld aus ihrem Portemonnaie gestohlen habe. „Ich habe dann meinen Sohn angerufen, der zur Polizei gegangen ist, nachdem der Angeklagte sich nicht gestellt hat“, führte sie weiter aus.

Der Angeklagte bestritt, etwas aus dem Fenster geworfen zu haben. Die Polizei fand bei ihm auch keine 400 Euro. Der Sohn des Opfers bestätigte, dass seine Mutter bei ihm angerufen habe und er versucht habe, den Angeklagten zur Rede zu stellen. „Es ist nicht das erste Mal, dass wir mit ihm Probleme haben“, meinte der 23-Jährige.

Frau bekommt viel Besuch

Die Schwägerin des Opfers bestätigte vor Gericht, dass der Angeklagte allein in der Küche gewesen sei, da sie beide in den Nebenraum gegangen seien. „Ich habe nur gesehen, dass sie nach unserer Rückkehr noch 300 Euro im Geldbeutel hatte, aber ich habe nicht gesehen, wie viel vorher drin war“, sagte die Frau.

Sie sei dann mit der 44-Jährigen in deren Zimmer gegangen, da diese sehr aufgeregt gewesen sei. Sie habe sie zu beruhigen versucht und gefragt, ob sie das Geld nicht auch verloren haben könne oder jemand anderes es geklaut haben könne. Es käme öfter vor, dass ihre Schwägerin etwas vermisse, sie habe einfach auch sehr viel Besuch.

Angesichts dieser Beweislage stellte die Amtsrichterin Sandra De Falco das Verfahren gegen den 18-Jährigen ein. „Es spricht einiges dafür, dass er die 400 Euro an sich genommen hat. Aber es bleiben zu viele Fragen offen“, begründete die Richterin ihre Entscheidung.