Ein 55-jähriger Mann steht wegen Nötigung im Verkehr vor Gericht.

Leonberg - Ein 55-jähriger Mann, von Beruf Diplom-Ingenieur und in Anzug und Krawatte gekleidet, ist in Handschellen in den Sitzungssaal des Leonberger Amtsgerichts geführt worden. Dort musste er sich wegen einer Nötigung im Straßenverkehr im Dezember vergangenen Jahres verantworten.

 

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, den Fahrer eines VW Passat durch die halbe Leonberger Innenstadt verfolgt zu haben. Grund dafür soll gewesen sein, dass der andere Fahrer beim Abbiegen in die Feuerbacher Straße relativ kurz vor dem Angeklagten eingeschert sei und ihn zu einer Vollbremsung gezwungen habe. Nach einer rund 20-minütigen Verfolgungsjagd durch die Stadt soll er ihn schließlich in der Carl-Schmincke-Straße zugeparkt und wegen des 20 Minuten zurückliegenden Ereignisses wüst beschimpft haben.

Knapp am Unfall vorbei

Das bestritt der 55-Jährige entschieden. Er räumte ein, von dem Passat-Fahrer zu einer Vollbremsung gezwungen worden zu sein und mit Lichthupe reagiert zu haben. „Er hatte mich offenbar nicht gesehen, und ich konnte nur mit Glück einen Unfall vermeiden“, meinte der Angeklagte. Er sei dem jungen Mann dann hinterher gefahren, habe ihn jedoch in der Grabenstraße aus den Augen verloren. Der VW sei mit Vollgas losgebraust, an einer roten Ampel vor dem Neuen Rathaus habe er ihn jedoch wieder gesehen.

Nachdem diese auf Grün geschaltet hatte, sei er wieder losgerast und habe sogar eine rote Ampel überfahren. In der Hindenburgstraße sei er dem PassatFahrer wegen einer Engstelle an einer Baustelle wieder begegnet. Er habe versucht, mit ihm zu reden. Nachdem das nicht geklappt habe, sei er zu seiner Bank weitergefahren. Dort habe er keinen Parkplatz gefunden, daher sei er weiter in die Carl-Schmincke-Straße gefahren, wo der Passat-Fahrer gestanden sei. Als er ihn wieder zur Rede habe stellen wollen, sei dieser dreimal um den Block gefahren.

Warum die Handschellen?

Dann habe der junge Mann seine Freundin einsteigen lassen, er habe sich vor den Passat gestellt, da dies der einzige freie Parkplatz gewesen sei. Als er über die Fahrweise des jungen Mannes reden wollte, habe dessen Freundin ihn lauthals beschimpft. „Ich habe ihn aber nicht blockiert, er hätte nach hinten oder seitlich ausweichen können“, so der Angeklagte.

Ein Polizist erklärte im Zeugenstand, der Passat-Fahrer habe bei ihm Anzeige erstattet, da er sich durch den Angeklagten verfolgt gefühlt habe. Er habe ein Angstgefühl verspürt, obwohl er sich per Handzeichen für das knappe Einscheren entschuldigt habe. Dennoch habe ihn der Angeklagte an einer roten Ampel durch das geschlossene Autofenster angemotzt. Er sei in der Carl-Schmincke-Straße dann dreimal um den Block gefahren, um den Angeklagten abzuhängen. Letzten Endes habe ihn der 55-Jährige aber zugeparkt und ihn wüst beschimpft.

Da der Passat-Fahrer vor Gericht aber nicht als Zeuge aussagen wollte, blieb Richter Thomas Krüger angesichts der unklaren Beweislage nichts anderes übrig, als das Verfahren einzustellen. Damit hat sich ein kleines Problem des 55-Jährigen gelöst. Das größere wartet aber noch auf ihn: In Handschellen war er vorgeführt worden, weil gegen ihn Anklage vor dem Landgericht Stuttgart wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz erhoben wurde.