Ein 45-jähriger psychisch kranker Mann soll im August ein Gewächshaus voller Strohballen in Beinstein angezündet haben. Der geschädigte Landwirt schildert dem Stuttgarter Landgericht, welche Auswirkungen die Tat für ihn bis heute hat.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Am späten Nachmittag des 7. September wird die Freiwillige Feuerwehr Waiblingen nach Beinstein gerufen. Dort brennt in der Nähe des ehemaligen Mineralbrunnen-Betriebes ein Gewächshaus, das als Lager für Strohballen genutzt wird. Rund 800 der mehr als 200 Kilogramm schweren Ballen stehen in Flammen. „Stroh brennt wie Zunder. Wenn Sie da ein Feuerzeug dran halten, zieht das Feuer innerhalb von Sekunden nach oben“, sagt der Eigentümer der früheren Gärtnerei, ein Landwirt aus Beinstein, der selbst lange Zeit bei der Feuerwehr war und genau beschreibt, wie der Brand abgelaufen ist. „Bis die Feuerwehr da war, hatte das Feuer bereits die letzte Reihe erreicht.“

 

800 Strohballen brennen wie Zunder

Ein Sachschaden von rund 70 000 Euro entstand. Neben dem Stroh, das kurz zuvor eingelagert worden war, wurden mehrere Maschinen durch das Feuer beschädigt. Der 49-jährige Landwirt hatte sofort den Sohn der früheren Eigentümer der Gärtnerei im Verdacht, der auf dem Gelände schon mehrmals Sachen verbrannt hatte. „Er hat es nicht akzeptiert, dass das Grundstück mir gehört. Er hat mich gefragt, was ich mit den Strohballen in seinem Gewächshaus vorhätte“, berichtet er der 18. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts, wo seit Montag verhandelt wird, ob der mutmaßliche Brandstifter dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden soll.

Bereits drei Wochen vor dem Brand war der Landwirt schon einmal zur Zielscheibe für den 45-Jährigen geworden, der zurzeit in der Psychiatrischen Klinik Weissenau bei Ravensburg untergebracht ist. Am 10. August war der Familienvater an einer Tankstelle in Beinstein damit beschäftigt gewesen, seinen Traktor zu betanken, als er den Beschuldigten daher kommen sah. Dieser war immer wieder beobachtet worden, wie er in die Gewächshäuser ein und aus gegangen war. „Ich habe zwei Mal gerufen, er solle mir den Schlüssel von einem Schlepper wiedergeben, den er dort mitgenommen hatte“, erzählt der 49-Jährige. „Darauf blies er mir und meinen Kindern völlig unvermittelt Reizgas ins Gesicht.“

Zweijährigem Mädchen Reizgas ins Gesicht gesprüht

Hinter ihm sei seine damals zweijährige Tochter in der Tür des Traktors gestanden, die tags darauf Geburtstag hatte. Weil das Kind auf dem Schlepper höher stand, bekam es das Gas mitten ins Gesicht. „Sie hat geschrien wie am Spieß“, sagt ihr Vater, den das Reizgas „platt gemacht“ habe. Seine fünfjährige Tochter, die hinter ihrer Schwester stand, wurde am Kinn und am Oberkörper getroffen. „Ich habe versucht, ihnen das Zeug an der Tankstelle abzuwaschen“, sagt der 49-Jährige, doch erst am nächsten Tag sei die Wirkung völlig abgeklungen.

„Ich habe am selben Tag Anzeige bei der Polizei erstattet und gesagt, dass er mir noch das Haus anzünden wird, wenn niemand eingreift.“ Die Polizisten hätten ihm jedoch gesagt, sie könnten nichts machen. „Man ließ mich allein dastehen“, betont er. Zwar sagt die Vorsitzende Richterin, die Polizei habe getan, was sie konnte, doch fragt der Familienvater zurecht, warum der Beschuldigte nach dem Vorfall nicht besser beaufsichtigt worden sei? Seine Kinder hätten bis heute Angst, sowohl wegen des Vorfalls an der Tankstelle, als auch wegen des Feuers. Wegen des Brandes müsse er noch immer mit der Versicherung streiten. Die Beseitigung der verbrannten Strohballenreste koste laut Berechnungen von Spezialfirmen mehr als 100 000 Euro. Die Versicherung wolle aber nur 20 000 Euro zahlen. Die Ballen hätten im Inneren noch lange geglüht, nachdem sie äußerlich verbrannt gewesen seien. Deshalb hätten sie nach dem Brand auf dem Feld auseinander gezogen werden müssen, um komplett gelöscht werden zu können.

Der Betroffene schweigt zu den Vorwürfen

Der Beschuldigte will zu den Vorwürfen nichts sagen, nur zu seinem Lebenslauf. Doch die Schilderungen sprechen für sich: Er habe nach der Ausbildung zum Gärtner studiert, dabei diplomatische Immunität erhalten und als Botschafter gearbeitet. Er verstehe nicht, wie sich jemand anmaßen könne, ihm Handschellen anzulegen. Seine Eltern hätten für ihn gearbeitet, die Gärtnerei gehöre ihm. Tatsächlich war diese durch einen Grundstückstausch an den Landwirt übertragen worden. „Nachdem die Mineralbrunnen AG den Betrieb eingestellt hatte, ist dort der Grundwasserspiegel gestiegen. Die Gewächshäuser wurden dadurch unbrauchbar“, erklärt er.