Eine Therapie soll einer süchtigen Frau ein neues Leben eröffnen. Um sich Drogen beschaffen zu können, hat sie in einem Drogeriemarkt Parfüm gestohlen und wurde dabei ertappt.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Mit 16 Jahren hat die 30-jährige Angeklagte begonnen, Drogen zu nehmen. Zuerst Marihuana, dann „Partydrogen“ und ein Jahr später bereits Heroin. „Anfangs habe ich es geraucht, dann gespritzt“, berichtete sie dem Waiblinger Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Steffen Kärcher. Angeklagt war sie wegen versuchten räuberischen Diebstahls, verurteilt wurde sie schließlich jedoch „nur“ wegen Diebstahls. Dass sie, wie in der Anklage beschrieben, mit einem Regenschirm eine Angestellte eines Waiblinger Drogeriemarktes geschlagen hat, konnte nicht nachgewiesen werden. „Ich hatte auch ein Problem damit, den kurzen Regenschirm als gefährliches Werkzeug einzustufen“, bemerkte der Richter im Laufe der Verhandlung.

 

Hiebe mit einem Schirm waren nicht nachweisbar

Zu dem Vorfall am 13. September vergangenen Jahres war es wegen der Drogensucht der Angeklagten gekommen. „Ich hatte kein Methadon und zudem getrunken an dem Tag“, sagte die Frau, die seitdem in Untersuchungshaft saß. In dem Drogeriemarkt am Alten Postplatz hatte sie zwei Parfümflakons in ihre Handtasche gesteckt und war damit in Richtung Ausgang unterwegs gewesen. „Ich hatte alles gesehen und gab einer Kollegin ein Zeichen, sie solle mitkommen“, berichtete eine Angestellte des Marktes als Zeugin. An der Ladentür kam es zu einem Tumult, als sie die 30-Jährige zur Rede stellte.

„Sie hat sich gewehrt und Beleidigungen gerufen. Ich konnte ihr die Tasche wegnehmen, da hat sie wild herumgefuchtelt. Dabei hat sie wohl meine Kollegin getroffen.“ Diese konnte sich nicht mehr so genau daran erinnern: „Es hat jedenfalls nicht weh getan.“ Die Angeklagte sei wahrscheinlich sehr aufgeregt gewesen und habe zu fliehen versucht. Den Regenschirm hatte sie des Wetters wegen dabei. „An dem Tag hat es geregnet“, sagten sowohl die Angeklagte als auch die beiden Zeuginnen. „Sie tragen den Schirm also nicht mit sich, um andere damit zu schlagen“, versicherte sich der Vorsitzende Richter bei der 30-Jährigen.

Auf dem Überwachungsvideo des Marktes ist zwar der Tumult an der Tür zu sehen, Hiebe mit dem Schirm jedoch nicht. Hätten diese tatsächlich stattgefunden und zwar zu dem Zweck, sich die Beute zu sichern und damit abzuhauen, wäre das strafrechtlich der Versuch eines räuberischen Diebstahls gewesen. Da solch eine Tat mit Haftstrafen nicht unter einem Jahr bestraft werden, handelt es sich dabei um ein Verbrechen. In diesem Fall erkannte das Gericht jedoch auf einen gewöhnlichen Diebstahl, bei dem die Mindeststrafe bei drei Monaten liegt. Die Staatsanwältin forderte deshalb, zusammen mit einer offenen Strafe für einen weiteren Diebstahl, ein Jahr Gefängnis. Diese Strafe sprach das Gericht dann auch aus.

Therapie mit strengen Regeln

Der Verteidiger Marko Becker hatte dem Gericht bereits einen Antrag für eine Drogentherapie vorgelegt. „Die Erfolgsquote bei Erstbehandlungen liegt bei nur 20 bis 30 Prozent“, so der Richter zu der Angeklagten. Eine solche Therapie werde in einer offenen Einrichtung vollzogen. „Da gelten strenge Regeln. Wenn man dagegen verstößt, wird man schnell rausgeworfen.“ Die Zeit in der Therapie werde von der Strafe abgezogen. „Sollte sie erfolgreich sein, wird Ihnen der Rest der Strafe auf Bewährung erlassen. Sollten Sie scheitern, müssen Sie das Jahr Haft jedoch absitzen“, so der Vorsitzende Richter.