Sie gelten als selbstverliebt und manipulativ: Narzissten. Was hinter dem Begriff steckt und wie Mitmenschen Narzissten erkennen können.

Stadtkind: Lenya Trautmann

Narzissten lassen sich an jeder Ecke finden – zumindest wirkt es so, denn der Begriff „Narzissmus“ hat sich mittlerweile zum Modebegriff avanciert.

 

Dabei ist Narzissmus ist nicht gleich Narzissmus. Das schreiben die beiden Psychiater Claas-Hinrich Lammers und Gunnar Eismann in ihrem Buch „Bin ich ein Narzisst? Oder einfach nur selbstbewusst?“

Narzissmus – Krankheit oder Charakter?

Der Begriff ist angelehnt an den antiken Narziss-Mythos, nachdem sich der schöne Jüngling Narziss in sein eigenes Spiegelbild verliebt hat – und letztlich an mangelnder Liebe stirbt. Selbstverliebtheit, Egozentrik – Narzissten sehen also hauptsächlich eines: Sich selbst. Doch nicht nur der Begriff hat sich mittlerweile in der Gesellschaft etabliert, hinzukommt dass weder die Wissenschaft noch die klinische Psychologe eine einheitliche Definition verwenden.

Warum der Begriff immer geläufiger wird

Warum ist Narzissmus so eine beliebte Diagnose in der Alltagspsychologie geworden? „Der Mythos der ‚bösen Narzissten‘ ist oft eine nahe liegende und hilfreiche Erklärung, warum sich jemand schlecht gegenüber uns verhält“, erklärt Mitja Back, Professor für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie an der Universität Münster in diesem Artikel. Verwendet werde die Erklärung deshalb oft im Beziehungsbereich, gerne im Zusammenhang mit anderen Modebegriffen wie „toxisch“ oder „Gaslighting“. „Die Begriffe werden oft herangezogen, wenn eine Beziehung gescheitert ist“, sagt der Psychologe. „Wir haben dann das Gefühl, es liegt nicht an uns. Es hat also in manchen Fällen auch einen selbstwertdienlichen Charakter.“

Die Kriterien im Überblick:

  • Grandioses Gefühl von Wichtigkeit
  • Übertreiben eigener Leistungen und Talente
  • Fantasien von Erfolg, Macht, Schönheit oder perfekter Liebe
  • Glaube, besonders zu sein und nur mit besonderen Menschen auf Augenhöhe zu sein Verlangen nach Bewunderung
  • Anspruchshaltung und Erwartung, bevorzugt behandelt zu werden
  • Nutzenorientierte Beziehungen
  • Mangel an Empathie und Rücksicht auf Gefühle und Bedürfnisse anderer
  • Neid oder Vermutung, andere seien neidisch sowie Überheblichkeit

Daran lassen sich Narzissten erkennen

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, wie man die krankhafte Form des Narzissmus in der klinischen Psychologie nennt, ist eine tiefgreifende Störung der Persönlichkeit. Neun Kriterien listet das amerikanische psychiatrische Diagnosesystem DSM-5 auf – fünf davon müssen mindestens zutreffen. Kommen viele dieser Eigenschaften bei einer Person zusammen und sind so markant, dass diese Menschen immer wieder soziale Normen, aber auch ethische und juristische Grenzen überschreiten, kann es sich um eine Persönlichkeitsstörung handeln.