Wasser ist nicht nur knapp, auch die Qualität des Wassers ist in Gefahr. Mehr biologische Landwirtschaft kann die Lage entschärfen. Eine spezielle Uhr gibt nun Auskunft zum Ausmaß.

Franz Ehrnsperger will Bewusstsein schaffen. „Wir können nur schützen, was wir kennen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter des Neumarkter Lammsbräu in Bayern, der sich auch als Pionier für Bio-Bier und Bio-Mineralwasser einen Namen gemacht hat. Deshalb haben er, die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser und deren Vorsitzender Manfred Mödinger nun eine sehr spezielle Uhr zum Leben erweckt. Sie nennen sie Bio-Wasseruhr.

 

An dieser Wasseruhr soll ablesbar sein, welchen Beitrag Biobauern für die Wasserqualität in Deutschland leisten, indem sie die kostspielige Aufbereitung von verschmutztem Wasser unnötig machen. 2021 waren es 837,20 Euro je Hektar ökologisch bewirtschafteter Fläche, haben die Erfinder der Wasseruhr ausgerechnet und per Begleitstudie belegt.

Schadstofffreies Wasser ist möglich

2021 seien gut 14 Milliarden Kubikmeter Wasser in Form von Regen auf deutsche Bio-Anbauflächen niedergegangen, sagt Mödinger, Ingenieur für Brauwesen und Getränketechnologie. Mindestens 16 Prozent davon seien ins Erdreich in Richtung Grundwasser durchgesickert, ohne Pestizide, Kunstdünger oder andere Schadstoffe zu transportieren, weil die im Ökolandbau nicht eingesetzt werden. „Das ist konservativ gerechnet“, sagt Mödinger zu den 2,3 Milliarden Kubikmetern schadstofffrei gehaltenen Wassers.

Zugleich koste Aufbereitung verunreinigten Wassers deutsche Wasserversorger im Schnitt 65 Cent je Kubikmeter, die man sich in dem Fall ersparen könnte. Je Hektar Bio-Fläche wären das dann gut 837 Euro, die nicht ausgeben werden müssten – mit entsprechendem Spareffekt für die Verbraucher.

„Es ist ein Verdünnungseffekt, wenn durch Ökolandbau rein gehaltenes Wasser auf durch industrielle Landwirtschaft verschmutztes trifft“, sagt Mödinger. Denn unterirdische Wassereinzugsgebiete sind teils riesig. Bei aktuell rund elf Prozent Bio-Anbaufläche in Deutschland wird keines von ihnen in Gänze von Biobauern geschützt. Denn angrenzend wirtschaften andere Landwirte auf konventionelle Art. „Industrielle Landwirtschaft sorgt je Hektar für immense Nitrateinträge ins Grundwasser“, betont Ehrnsperger. Abstrakt sei vielen schon immer klar gewesen, dass Ökolandbau dagegen Wasservorräte schützt. Die Bio-Wasseruhr mache das nun konkret messbar. Die Wasserexperten sehen eine langsame Verbesserung der Lage entsprechend der Ausweitung des Biolandbaus in Deutschland.

Um die Jahrtausendwende seien erst 0,7 Milliarden Kubikmeter Wasser auf diese Weise schadstofffrei gehalten worden. 2020 waren es auf Basis der Berechnungen 1,9 Milliarden Kubikmeter und im darauffolgenden Jahr 2,3 Milliarden, abhängig auch von der jährlichen Regenmenge. Die weitere Entwicklung soll an der Bio-Wasseruhr, die jährlich aktualisiert wird, nun ablesbar sein.

Nitrate verursachen Milliarden-Schaden

Indessen tickt die Gefahr im Boden weiter. Denn bis Schadstoffe durchs Erdreich ins Grundwasser sickern, dauert es vielerorts lange. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW) weiß um die Risiken. Durch nicht EU-konforme Düngung auf deutschen Äckern entstünden allein mittels Nitraten jährliche Umweltschäden von etwa drei Milliarden Euro, hat der Verband 2021 in einem Gutachten berechnen lassen. Sollte die EU darauf erkennen, dass deutsches Düngerecht die EU-Nitratrichtlinie verletzt, was derzeit geprüft wird, drohen der Bundesrepublik jährliche Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Deutschland rechne tatsächliche Überschreitungen von Grenzwerten künstlich weg, rügt Martin Weyand als BdEW-Hauptgeschäftsführer Wasser. „Wir brauchen eine echte Agrarwende, um unsere Gewässer nachhaltig zu schützen“, fordert er auch im Sinne der Macher der Bio-Wasseruhr.

Ehrnsperger ist zuversichtlich, dass Bio-Landbau Grundwasser zunehmend schützt. Bis 2030 ist in Deutschland eine Verdreifachung der Bio-Anbaufläche auf 30 Prozent geplant. „Die Krise zeigt, dass Ökolandbau das resilientere System ist“, sagt Ehrnsperger. Er komme ohne Kunstdünger und Pestizide aus, deren Preise derzeit durch die Decke gehen. „Kunstdünger ist kondensiertes Erdgas“, betont Mödinger in Anspielung auf dessen Herstellungsweise.

Ökolandbau und die Vorteile

Zudem seien beim konventionellen Landbau bei Dürre Ernteausfälle programmiert, warnen die Experten. „Ökologisch bewirtschaftete Böden kommen besser mit dem Klimawandel zurecht“, sagt Ehrnsperger. Zugleich kenne Ökolandbau wegen des Regionalitätsprinzips keine globalen Lieferketten. Die könnten also auch nicht reißen.

Die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser will hat sich deshalb vorgenommen, Landwirte, die in der Nähe von Mineralquellen ihre Felder bestellen, zum Ökolandbau zu animieren. „Wir verstehen Mineralwasser als Frucht des Bodens“, sagt Mödinger. Die müsse man schützen und erhalten. Dann werde sich die Bio-Wasseruhr in die richtige Richtung bewegen.