Radfahrer berichten An diesen Stellen ist es für Radler in Stuttgart gefährlich

Zwischen Rewe und Burger King am Marienplatz kommen sich Radfahrer und Fußgänger in die Quere. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Kollisionen mit Fußgängern, plötzlich endende Wege, illegal überholende Autos: In Stuttgart ist Radfahren oft abenteuerlich. Viel-Radler verraten, welche Stellen sie am schlimmsten finden.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Vergleicht man das heutige Stuttgart mit dem Stuttgart von vor zehn Jahren, muss man sagen: Radfahren im Talkessel ist insgesamt leichter geworden. Es gibt für sie mehr Wege, Straßen und Schutzstreifen. Doch nach wie vor kommen sich Radfahrer mit Fußgängern und Autofahrern an vielen Orten in die Quere, es fehlen Übergänge – oder Wege enden plötzlich. Wir haben Vielradler in der Stadt gefragt, welche Stellen sie besonders gefährlich finden.

 

„Durchwurschteln“ am Marienplatz

Zwar führt am Marienplatz die Hauptradroute 1 vorbei, trotzdem ist es dort weder für Radfahrer noch für Fußgänger angenehm, sagt Christine Lehmann, eine Fahrradbloggerin und Grünen-Stadträtin. Da sei zum einen die sehr enge Stelle zwischen Rewe und Burger King, an der sich alle in die Quere kämen. Zum anderen sei die Verbindung zwischen der Filderstraße und der Böblinger Straße über den Marienplatz weder logisch noch durchgängig, kritisiert Lehmann. Radfahrer müssten sich irgendwie „durchwursteln“.

Heikler Steg im Schlossgarten

Robert Otto, ein Stuttgarter, der das ganze Jahr über Rad fährt, findet den Schlossgarten gefährlich: „Die Kurven sind unübersichtlich und führen dazu, dass Fußgänger und Radfahrende oft in Konflikt geraten.“ Für besonders problematisch hält er den Fuß- und Fahrradsteg am Staatstheater, da Fußgänger dort oft den als Radweg markierten Bereich nutzten, was zwar „total verständlich“, aber ungut sei.

Im Schlossgarten gerieten Fußgänger und Radfahrende oft in Konflikte, sagt Robert Otto. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Engstellen Schickhardtstraße und Schwabtunnel

Als problematisch gilt auch der Bereich rund um den Erwin-Schoettle-Platz im Stuttgarter Süden. Bergauf in Richtung Schwabtunnel auf der Schickhardtstraße wurden vor Kurzem Radmarkierungen auf die Straße geklebt, doch diese sind fast vollständig abgeblättert. Manche Radfahrer fahren auf dem Gehweg. Das liegt daran, dass sie sich durch überholende Autos gefährdet fühlen oder weil sie denken, sie hielten den Verkehr auf, wenn sie langsam bergauf strampeln.

Im Schwabtunnel halte sich kaum ein Autofahrer an das Überholverbot, wird kritisiert. „Generell sind Strecken mit Hanglage bergauf besonders gefährlich, da die Radwege oft unzureichend sind und Autofahrer zu riskanten Überholmanövern neigen“, sagt Robert Otto. „Meist ist es die Infrastruktur und es sind nicht andere Verkehrsteilnehmer, die solche Sicherheitsmängel schaffen.“

Rund um den Schwabtunnel kommen sich Rad- und Autofahrer in die Quere. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

In die Gegenrichtung fehlt für Radfahrer eine Verbindung zwischen der Schickhardtstraße und der Böblinger Straße. Weder auf der Busspur noch auf der Autospur dürfe man abbiegen, sagt Christine Lehmann. „Dabei darf die Böblinger Straße als Einbahnstraße in Richtung Kaltental benutzt werden. Nur kommt man halt regelkonform nicht dorthin.“ Und zur Möhringer Straße, also zur Hauptradroute 1, fehle auch eine Verbindung: Entweder man fährt zwischen Autos und über die Gehwegkante auf die Möhringer Straße – oder auf dem Gehweg, was verboten ist, zwischen den Fußgängern hindurch.

Warten am Neckartor und Autoverkehr auf der Hackstraße

Robert Otto empfindet die Ampelphasen und den Übergang am Neckartor als „äußerst problematisch“. Die Wartezeiten, bis man bei Grün die Straßen komplett überqueren könne, seien „unverhältnismäßig lang“. Zudem hält er die Hackstraße sowohl bergauf als auch bergab für gefährlich wegen der Autofahrer und der Stadtbahnschienen.

5. Kuriose Situation auf Holzstraße an Tiefgarageneinfahrt

Zwischen Charlottenplatz und Eberhardstraße werden Radfahrer über die Holzstraße geleitet. Das Problem: In diesem Abschnitt quert die Dorotheenstraße und die Einfahrt in eine Tiefgarage den Radweg. Das führt immer wieder zu gefährlichen Situationen oder zu Unfällen. Vor gut zwei Jahren wurde eine Radfahrerin dort schwer verletzt.

Slalom in Wangen und Hedelfingen

An der Hauptradroute 2 in Wangen und Hedelfingen kritisiert Christine Lehmann, dass sich die Strecke als „Stückwerk aus Radstreifen, Mischverkehr und Kreisverkehren“ darstellt. Immer wieder müsse man um geparkte Autos herumfahren. Für Kinder, Jugendliche und weniger erfahrene Radfahrer sei dies nicht zumutbar.

Barriere Königstraße und Wirrwarr am Hauptbahnhof

Die Querung der Königstraße ist auf legale Weise nur durch Absteigen möglich. Viele Radfahrer nutzen deshalb den Rotebühlplatz oder den Hauptbahnhof – doch rund um den Hauptbahnhof sei die Infrastruktur ebenfalls „unzureichend“, sagt Robert Otto. Zudem nutzten Fußgänger dort oft den Radweg, was weitere Gefahren mit sich bringe.

Rechts auf diesem Foto sieht man den Radweg am Hauptbahnhof. Auch Reisende zu Fuß nutzen diesen – oft versehentlich. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Zwischen König-Karls-Brücke und Wilhelmsplatz

„Ganz schlimm“ sei die Hauptradroute 1 in Bad Cannstatt Richtung Fellbach, sagt Christine Lehmann. Nach dem Überqueren der König-Karls-Brücke, wo man sich über Rad-Fußgängerwege in Richtung Eisenbahnbrücke fädele, ende der Radstreifen am schmalen Gehweg unter der Brücke hindurch (freigegeben ist für Radfahrende, aber zu schmal für beide). Danach müsse man bei Einmündungen sehr aufpassen, dass Autofahrer einen nicht übersehen, was immer wieder passiere, sagt Lehmann. Und am Wilhelmsplatz radle man auf der Busspur. In die Gegenrichtung gebe es gar keine Wege für Radfahrer, weshalb manche auf dem Gehweg fahren, wo sie Fußgänger störten.

Unter der Eisenbahnbrücke nahe des Wilhelmsplatzes in Bad Cannstatt sollen Radfahrer und Fußgänger gemeinsam einen schmalen Weg nutzen. Foto: Fotoagentur Stuttgart/Andreas Rosar

9. Kreuzung Marienstraße und Reinsburgstraße

Als einen Ort, an dem es „viele Möglichkeiten gebe, ums Leben zu kommen“, bezeichnet ein Radfahrer die Kreuzung zwischen Reinsburg- und Marienstraße, wenn man in Richtung des Einkaufszentrums Gerber wolle. Dort werde man oft von Autos abgedrängt, übersehen oder ignoriert, die ebenfalls von der Reinsburgstraße kommen und in die Paulinenstraße abbiegen wollten, sagt er.

10. Flughafentunnel zwischen S-Plieningen und Filderstadt

Der Flughafentunnel wurde schon als „schlechteste Radverbindung in Deutschland“ ausgezeichnet und erhielt den Negativpreis Goldener Pannenflicken von der bundesweit aktiven Initiative Cycleride. Denn Autos können den Tunnel in beiden Richtungen befahren, doch für Radfahrer und Fußgänger gibt es nur einen gemeinsamen, schmalen Weg. Dieser ist etwa so breit wie ein Fahrradlenker. Zwei Fahrräder kommen nicht aneinander vorbei. Radfahren auf der Straße ist dort aber verboten.

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