Einfach die Wurst auf den Grill werfen und fertig ist die Grill-Party, so einfach ist das heute nicht mehr. Denn wie die Mode ist auch das Grillen Trends unterworfen. Wir haben Grill-Profis nach der aktuellen Mode gefragt und uns erklären lassen, wie man „pulled Pork“ (zerrupftes Schwein) zubereitet.

Stuttgart - Vati steht am Grill und Mutti kümmert sich um die Salate. So war das schon vor dreißig Jahren, und bei vielen Familien ist das heute noch so. Zwar bauen Frauen heute selber Ikeamöbel zusammen, streichen Wände – Autoreifen wechseln und Grillen scheinen aber weiterhin fest in Männerhand zu sein.

 

Abgesehen von der Rollenverteilung hat sich beim Grillen dann doch einiges getan. Lagen früher vor allem Schweinebauch und Rote Würste über den heißen Kohlen, brutzeln heute Filets, Hammelbäuche, Kalbsbrüste, Halloumikäse, Lammkeulen oder ganze Schweinenacken über Gas. Sowohl bei der Ausstattung als auch bei den Gerichten gilt: je größer, desto besser.

Früher brauchte es nicht mehr als eine Zange und einen Grill, schaut man sich heute im Fachhandel um, hat man das Gefühl, die Menschen decken sich für eine vierwöchige Grillexpedition ein: 18-teiliges Grillbesteck im Aluminiumkoffer, dreiseitige Grillbürste, Pizzastein, Gemüsekorb, Hamburgerpresse, Gourmet-Thermometer und zahlreiche Bücher („Ein Mann, ein Rost“, „Grill it“, „FC Schalke 04 Grillbuch“ mit Schalke-Brandeisen) sind nur wenige Teile der großen Grillausstattung. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Die Stuttgarter Zeitung stellt deshalb drei Trends rund um das Grillen vor.

Trend eins: Gas statt Kohle

An Thomas Stockinger führt kein Weg vorbei, zumindest nicht in Stuttgart. Der selbst ernannte Barbecue-Profi ist mehrfacher deutscher Grillmeister und hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Er betreibt ein Geschäft in Feuerbach und bietet Kurse an. „Von zehn Grills, die wir verkaufen, sind inzwischen 9,5 Gasgrills“, sagt Stockinger. Der Trend zu den großen Stationen kommt aus Amerika, und für Stockinger liegen die Vorteile auf der Hand: „Man muss nur den Knopf drehen und das Ding läuft.“ Die Temperatur ist gleichmäßig und regulierbar. „Und zum Putzen gebe ich einfach mit dem leeren Rost und geschlossenem Deckel Vollgas.“

Auch einer, der sich damit auskennt, ist Jan Spielhagen, der Chefredakteur des Männermagazins „Beef“, in dem sich so ziemlich alles um Essen, insbesondere um Fleisch, dreht. Spielhagen räumt mit der romantischen Vorstellung auf, dass allein Holzkohle den wahren Grillgeschmack bringt. „Das ist eine Legende, es geht auch ohne Kohle. Der besondere Geschmack entsteht, wenn Fleischsaft auf ein heißes Medium fällt, verdampft und so wieder das Grillgut erreicht. Das passiert aber ganz genauso auf einem Gasgrill. Und wenn das Fleisch tatsächlich nach Kohle schmeckt, ist das der Geschmack von Asche und ein schlechtes Zeichen“, sagt Spielhagen. Dabei entstehen gesundheitsgefährdende Dämpfe, die Krebs fördern können.

Spielhagen nennt seinen Gasgrill den besseren Herd auf der Terrasse. Das Gerät ist von Januar bis Dezember im Einsatz: „An Weihnachten liegen die Gänse drauf, am Kindergeburtstag wird Pizza gemacht.“

So exotisch wie Gasgrills vor ein paar Jahren noch auf deutschen Balkonen waren, so selten sieht man heute (noch) die so genannten Smoker-Grills, die ohnehin so groß sind, dass sie nur in Gärten Platz finden. In den USA sind die Maschinen, die aussehen wie Lokomotiven, sehr beliebt. In einer seitlichen Feuerbox wird ein Holzfeuer entfacht, durch eine Öffnung gelangt die warme, rauchige Luft dieses Feuers in die geschlossene Garkammer, in der das Fleisch oder andere Zutaten auf einem Rost erwärmt werden. Ein Kamin am anderen Ende der Garkammer leitet Wärme und Rauch nach oben ab und sorgt dafür, dass ein Sog entsteht.

Trend zwei: hochwertiges Fleisch

Bei der ganzen Aufregung um die perfekte Ausstattung sollte man nicht vergessen, dass das Wichtigste immer noch das Essen selbst ist. Weil es immer mehr Menschen gibt, die Würstchen und Schnitzel Ade sagen, bietet der Markt viele vegetarische Alternativen zum Maiskolben oder der Kartoffel in Alufolie: etwa Halloumikäse, Tofuspieße und Sojasteaks. Darauf muss man vorbereitet sein, wenn man eine Grillparty gibt, schließlich gibt es in einer größeren Gruppe inzwischen immer Leute, die Vegetarier sind (Ausnahmen bilden manchmal höchstens noch reine Männergruppen).

Eine andere Reaktion auf Gammelfleischskandale und schockierende Berichte über Massentierhaltungen ist, ausschließlich hochwertiges Fleisch zu essen. Ob im Restaurant oder auf dem eigenen Grill. „In meinen Kursen bringe ich den Leuten immer auch ein bisschen Warenkunde bei“, sagt Stockinger. „Wer danach noch schlechtes Fleisch kauft, ist selber schuld.“ Der Stuttgarter rät, prinzipiell keine marinierten Stücke zu kaufen („Man weiß nicht, wie alt die Teile sind“). Das empfiehlt auch Spielhagen: „Bei marinierten Stücken sieht man nicht mehr die eigentliche Farbe des Fleischs.“

Trend drei: gemeinsames Grillen

„Wenn Männer sich ein Hobby suchen, dann tauchen sie richtig tief ein“, ist die Theorie von Jan Spielhagen. „Es gibt Autofreaks, Fußballfreaks und eben auch Fleischfreaks.“ Der „Beef“-Chefredakteur räumt ein, dass Männer zur Show neigen und manchmal übertreiben. So gebe es Männer, die sich freuen wie kleine Jungs, wenn sie einen ganzen Hammelbauch grillen. „Wie die Wikinger halten sie acht Stunden Wache am Grill neben ihren schlafenden Brüdern, die sie dann ablösen.“

Der neuste Trend ist, ein pulled Pork zuzubereiten, für viele die Königsdisziplin des amerikanischen Barbecues. Die Zubereitung kann bis zu zwanzig Stunden dauern wird rituell zelebriert, sodass auch hier das archaische Wikinger-Feeling aufkommt. Der Name pulled Pork kommt daher, dass das Schweinefleisch am Ende so zart ist, dass es quasi von selbst in kleine Stücke zerfällt, sobald man es zieht oder rupft (to pull heißt ziehen).

Dabei wird eine ganze Schweineschulter (oder -nacken) mit einer speziellen Gewürzmischung eingerieben und dann über eine lange Zeit bei niedrigen Temperaturen (etwa 130 Grad) gegart und geräuchert. Das zerfallene Fleisch wird meistens in einem Hamburgerbrötchen serviert. Hat man mit Freunden sein erstes pulled Pork zubereitet, lässt sich damit ähnlich angeben wie mit dem ersten Marathonlauf, meint Spielhagen. Typisch Mann eben.