Rassistische Parolen zu dem Lied „L’amour Toujours“ werden nicht nur auf Sylt gegrölt. Auch in zahlreichen anderen Städten kam es in den vergangenen Monaten zu solchen Vorfällen. Wir haben einige zusammengetragen.

Baden-Württemberg: Lea Krug (lkr)

Die Empörung über die rassistischen Gesänge auf der Urlaubsinsel Sylt, die seit Tagen im Netz viral gehen, ist groß. Allerdings wurde die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zu dem Lied „L’amour Toujours“ zuletzt auch andernorts gegrölt. In den vergangenen Wochen und Monaten kam es zu ähnlichen Vorfällen in Deutschland.

 

Einer der ersten medial bekannten dürfte sich wohl im vorpommerschen Bergholz zugetragen haben. Bereits im November vergangenen Jahres berichteten mehrere Medien über Aufnahmen von einem Erntefest, auf denen ebenfalls diese Parolen zu dem Lied von Gigi D’Agostino gegrölt wurden. Kurz vorher soll es in Anklam, nur wenige Kilometer entfernt, eine Serie von Nazi-Schmiererein gegeben haben, wie der Deutschlandfunk berichtet. Ausgerechnet am Jahrestag der antisemitischen Novemberpogrome wurden an mehreren Gebäuden Hakenkreuz- und SS-Runen entdeckt.

Mitte Januar kam es laut Deutscher Presseagentur außerdem zu einem Fall in einer Diskothek in Pahlen im Kreis Ditmarschen (Schleswig-Holstein). Dort ermittelt der Staatsschutz. Es gehe um den Strafbestand der Volksverhetzung. Kurz danach soll sich Ähnliches dann nur eine Autostunde entfernt auf einer Art „Beach Party“ in Schenefeld im Kreis Steinburg zugetragen haben.

Auf einem Faschingsumzug

Im Februar kam es auch in Baden-Württemberg zu dem rassistischen Gesang zu „L’amour Toujours“ – auf einem Faschingsumzug in Lorch im Ostalbkreis. In einem Guggenzelt auf dem Hartplatz soll ebenfalls „Ausländer raus“ gegrölt worden sein. Entsprechende Anzeigen nahm das Polizeipräsidium Aalen entgegen, wie die Gmünder Tagespost damals schrieb.

Vor wenigen Tagen kam es dann am Pfingstmontag bei einer mehrtägigen Veranstaltung in Löningen westlich von Cloppenburg (Niedersachsen) ebenfalls zu solchen rassistischen Äußerungen während des Liedes. Der Staatsschutz ermittelt, wie die Polizei mitteilte. Zeugen hatten den Vorfall gefilmt und bei der Polizei angezeigt.

Kurz nach der Veröffentlichung des Falls in Sylt kam es außerdem auf der Erlanger Bergkirchweih, einem bayrischen Volksfest, zu einem solchen rassistischen Gegröle. In einer Kneipe auf dem Festgelände skandierten zwei Männer die Parolen zu dem Song , und wurden laut dem Bayrischen Rundfunk von zwei Polizeibeamten erwischt, die privat auf der Veranstaltung gewesen sein sollen.

Warum macht Sylt nun die Schlagzeilen?

Die hier geschilderten und zusammengetragenen Vorfälle, zeigen dabei nur einen Ausschnitt. Womöglich sind es weit mehr Feste und Events, bei denen es zu solchen rassistischen Tabubrüchen kommt. Aber warum sorgt ausgerechnet der Fall in Sylt nun für solche Schlagzeilen? „Die mediale Aufmerksamkeit hat etwas damit zu tun hat, dass es jetzt nicht klischeehaft irgendwo tief in Sachsen, in einer Kneipe oder Disco stattfindet, sondern eben da, wo die „Schönen und Reichen“ sind“, sagt Dr. Pia Lamberty, Co-Geschäftsführerin des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas). Dieser Bruch mit Erwartungen generiere generell mehr Aufmerksamkeit.

„Ohne dass es irgendeine Form von Widerspruch gibt, werden die sozialen Normen einfach gebrochen“, sagt Lamberty, die Radikalisierungstendenzen und Verschwörungserzählungen im Netz untersucht. „Menschen können ohne Scheu in der Öffentlichkeit extreme Parolen äußern“, so die Expertin. Die Neue Rechte versucht, das Partylied offenbar für ihre Zwecke zu missbrauchen und derartige Parolen auch auf öffentlichen Festen und Partys zu normalisieren.